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Das Spektakel - Wen Wählen?

Rot, Grün, Linksprojekt, SKÖ, KPÖ oder Piraten?

Mittwoch 23. Juli 2008, von mond

Das Wahlkampfspektakel ist wieder voll Angelaufen. Deutelich mehr Parteien als sonst rittern um die Wählergunst. Grund genug diese kritisch zu beleuchten. Zuvor aber einige Überlegungen zum Wahlen in der repräsentativen, bürgerlichen Demokratie oder dem was wir dafür halten.

Wer in diesen Wahlen gewinnen (Im Sinne von viele Stimmen und Mandate erringen) will muss sich gewissen Spielregeln unterwerfen. Das sind einerseits die der Wahlordnung aber noch viel mehr die Spielregeln unserer modernen Mediengesellschaft. Spitzenkandidaten müssen bestimmt werden, diese müssen relativ komplexe Sachverhalte in einfache Slogans packen, etc..

Die Parteien geben vor „Politik“ machen zu wollen. Das würde bedeuten, dass sie die Gesellschaft in bestimmte Richtungen verändern wollen. Das würde bedeuten bestimmte die öffentliche Meinung und die Medien auf bestimmte Probleme aufmerksam zu machen und Diskussionsprozesse über gewisse Themen und Sachverahlte in Gang zu bringen.

Genau das wird aber bei den bürgerlichen Wahlen nicht gemacht. Wer gewinnen will muss nach anderen Regeln spielen: Es gilt via Meinungsforschung herauszufinden wie die Menschen denken und sich diesem denken optimal anzupassen. In der Hoffnung dann von diesen Menschen in der Wahlzelle mit einem Kreuzerl belohnt zu werden. Wahlen sind damit also grundsätzlich konservativ. Die Positionen der Parteien unterscheiden sich nur insofern als sie sich verschiedenen Menschen als Zielgruppen aussuchen. In der Hoffnnung von den eigenen StammwählerInnen ohnehin gewählt zu werden versuchen die Partien eher bei ihren GegnerInnen auf Stimmenfang zu gehen um ihr Resultat zu verbessern. Das führt dazu, dass sich die Positionen der Parteien stark annähern. Auch in dieser Hinsicht ist das Wahlspektakel sehr konservativ.

Angesichts solcher Überlegungen:

Wie müsste der Wahlkampf einer progressiven, linken Alternative aussehen?

Diese müsste sich zuerst mal davon verabschieden auf Stimmenmaximierung ausgerichtet zu sein. Viel mehr würde sie den gesteigerte politische Aufmerksamkeit in Wahlkampfzeiten für gesellschaftskritische Porpaganda nutzen. Versuchen Diskurse anzuregen die nicht, oder noch kaum in der Bevölkerung geführt werden, die geeignet sind neue Perspektiven zu eröffnen.

Gelegenheit dafür gäbe es ja genug: Die Probleme des Kapitalismus aufzuzeigen und der verkürztem, rassistische, nationalistische und antisemitische Kritik daran zu widersprechen. Die autoritären und patriachalen Strukturen in unserer Gesellschaft aufzuzeigen. etc.. etc..

Bei den Nationalratswahlen bekommt jede Partei die über 1% der Stimmen erhält zumindest eine einmalige Parteienförderung von etwa 150k€/pro Prozent. Mit diesem Geld lässt sich zwar nicht all zu viel aber doch einiges anstellen. Wichtiger noch: das Interesse der Medien und die Infromationspflicht des ORF lassen liesen sich nutzen um hier Themen zu transportieren.

Die Parteien werden also danach zu beurteilen sein, wie sehr sie den Wahlkampf nutzen um im positiven sinne „Politik“ zu machen. Ein Urteil wird sich daher wohl erst kurz vor der Wahl fällen lassen. Aber bereits jetzt (9 Wochenvor dem Wahltag) lässt sich einiges über die Positionierung der Parteien sagen:

Zur Bwertungsskala:

- 1: Ideal
- 2: wählbar
- 3: mit Bauchweh wählbar
- 4: mit sehr großem Bauchweh wählbar
- 5: Unwählbar

SPÖ

Dass sich die Politik dieser Partei erst jetzt einem kleinformatigen, rechten Verhetzungsblatt unterordnet ist ein relativ verbreiteter Irtum. Schon unter Gusenbauer hat die SP dem meschenrechtswidrigen Asyl- und Fremdenpolizeigesetz zugestimmt. Der Menschenrechtssprecher der SP wurde bereits bei den letzten Wahlen abgesägt. Er kritisierte den Zitat „offen rassistisch geführten Diskurs“ in dieser Partei. Die Gelgenheit die unsozialen Studiengebühren abzuschaffen wurden nicht genutzt. Überwachung und Vorratsdatenspeicherung wurden ausgebaut. Und das nicht nur auf Druck der ÖVP sondern auch aus eigenen Antrieb. Bei den SP-kontrollierten Wiener Linien, in den Müllräumen der Gemeindebauten, etc..

Europaweit sind die Sozialdemokratischen Parteien heute wesentliche Träger der neoliberaler Politik. Neoliberale Politik zeichnet sich ja gerade dadurch aus, dass dem destruktiven Kapitalismus ein „soziales Mascherl“ umgebunden wird, um ihn damit mehrheitsfähig zu machen. Der Unterschied zwischen SPÖ und ÖVP in dieser Positionierung ist einzig, dass die SP die ArbeiterInnen und PensionistInnen in dieser Frage belügt während die Lügen der ÖVP mehr auf Kleingewerbetreibende und BäuerInnen abziehlen.

Schulnote: SPÖ 4-

Grüne

Antinationalistische Kampagne der GAJ

Was den Grünen zu gute gehalten werden muss: Bei den meisten Abstimmungen im EU-Parlament sind sie auf der richtigen Seite (also gegen Überwachung, gegen Militarisierung, gegen Rassismus, gegen Geistige Eigentumsrechte). Ihr Wahlkampf hatte zumindest Anti-Rassistische Elemente, wenngleich auch versucht wurde im WählerInnenpool der RassistInnen zu fischen. Zitat V.d. Bellen: „Bei durchschnittlich 300.000 arbeitslosen Personen jährlich ist das quantitative Ausmaß an erwünschter Zuwanderung heute gering“. Zwei Positionierungen sprechen aktuell besonders schwer gegen die Grünen. Zum einen die Tatsache, dass Peter Pilz die, überaus gelungene und witzige Kampagne der GAJ scharf kritisierte, die sich gegen Nationalismus richtet. (Siehe Gagge statt Flagge). Gerade angesichts der jüngsten Entwicklungen müsste die Nekämpfung von Nationalismus und Rassismus oberste Priorität haben. Ganz offensichtlich sind die Grünen schon zur Systempartei geworden und positive Gesellschaftsverändrung steht nicht mehr am Plan. Noch katastrophaler ist der Ausrutscher der Grünen EU-Abgeordneten Eva Lichtenberger die sich bei einer Abstimmung im EU-Parlament für eine militärische Nutzung des Satelitennavigationssystems Galileo ausgepsrochen hat. Wie gesagt: Eine Systempartei die, die bereits begonnen hat die Regeln des neoliberalen Kapitalismus zu akzeptieren. Dzeigt sich vor allem auch daran, dass die Grünen derzeit viele Signale in Richtung Schwarz-Grün aussenden...

Schulnote: Grüne 3-

„Links“projekt

Das „Links“ bei diesem Projekt schreibe ich hier ganz bewusst in Anführungszeichen. Eine klare Distanzierung von rechtsaussen-Positionen gibt es bei diesem Projekt leider nicht. Neben der in ihren Analysen etwas altbackenen SLP ist auch die LSR (vormals AST) teil dieses angeblichen „Links“projektes. LSR/AST arbeiteten bei vielen Gelgenheiten mit Gruppen wie AIK und KI zusammen. Die AIK wurde bereits des öfteren vom DÖW wegen ihrer antisemitischen Haltung scharf kritisiert [1]. Auch die KI unterstützt die Kandidatur der befreundeten LSR/AST. Die KI ist vor allem für das recht offene Bekenntnis zum Stalinismus und für die Verbreitung nationalistischer Ideologien bekannt. So spricht sich die KI immer wieder gegen die „Entmündigung der Nationen“ aus und folgert daraus die Forderung nach einem EU-Austritt. Die Hoffnung dieses angeblichen „Links“projekes ist offensichtlich bei den rechten KroneleserInnen zu Punkten. Das ist einerseits natürlich nicht links, andererseits wird es auch nicht gelingen, weil die gehen bekanntlich lieber zum Schmied als zum Schmiedl und wählen dann gleich FPÖ.

Schulnote: „Links“projekt 5

SKÖ

Karkheinz Hackl will mit „Soziale Kultur Österreichs“ antreten. Sich für eine soziale Kultur (im umfassenden Sinne) einzusetzen, das wäre durchaus etwas was einen emanzipatorischen Wahlkampf bringen könnte. Genaueres aus seinem Programm ist aber noch nicht bekannt. Website dürfte er auch noch keine haben. Was aus seinen bisherig Interviews bekannt ist klingt leider nicht immer besonders vielversprechend: Er spricht sich für eine „stärkere Kooperation von Wirtschaft und Kultur“ aus. Womit er gleich zweierlei zeigt: Dass er „Kultur“ hier offensichtlich im engeren Sinne als „Kulturbetrieb“ fasst und dass ihm die Kritik an der kapitalistisch organisierten Wirtschaft und der aus dieser resultierenden vielfältigen Probleme scheinbar nicht bekannt sind. Das dämpft die Hoffnungen auf einen progressiv geführten Wahlkampf ganz deutlich...

Schulnote: 3-

KPÖ

KPÖ Wahlkampf

Was die KPÖ betrifft finden sich ja schon einige Analysen auf dieser Website. Die KPÖ hat angekündigt diesmal Antirassismus als eines ihrer Wahlkampfschwerpunkte zu wählen. Das wurde von mit, als ich noch Mitglied im Bundesvorstand dieser Partei war, gefordert aber noch abgelehnt. Insofern ist hier eine Verbesserung zu sehen. Die Frage ist wie weit die Partei dies auch umsetzt. Noch im Dezember hatte der Parteitag eine klare Distanzierung von der rassistischen Linie der KPÖ-Graz abgelehnt. Messner als autoritärer Machtmensch wird Spitzenkandidat. Das ist kein gutes Signal. Eine Stimme für diese Partei wäre auch eine Stärkung für diese Kräfte innerhalb der Partei und würde damit die Probleme tradieren. Bei der Beurteilung des Wahlkampfs der Partei muss weiters auch berücksichtigt werden, dass die Partei beschlossen hat ihre Forderungen nur nach aussen zu stellen, sie aber selbst (in dem Bereich den sie selbst gestalten kann) nicht ernst zu nehmen.

Schulnote: KPÖ 4

Piratenpartei

So genannte „Geistige Eigentumsrechte“ sind eine der Punkte in denen Absurdität der kapitalistischen Logik am offensichtlichsten wird. Auch an Hand der Zunehmend Überwachung lassen sich viele Widersprüche der neoliberalen Logik festmachen. Alleine das Antreten der Piratenpartei ist also nützlich insofern es, wie eingangs beschrieben, dazu beitragen kann, einen Diskurs über gesellschaftlich relevante Themen zu entfachen. Ein großer Wermutstropfen dabei ist allerdings, dass die Piratenpartei selbst in ihren zwei Kernbereichen („Geistiges Eigentum“ und „Überwachung“) extrem schwache Positionierung hat. Im Gegensatz zum schwedischen Vorbild wird bei der PPÖ das Thema nicht in eine gesellschaftliche Analyse verpackt. Die Kritik an den geistigen Eigentumsrechten beschränkt sich auf eine Bitte an doch die private Nutzung von Musikfiles nicht all zu sehr gerichtlich zu verfolgen.

Ein weiteres massives Problem der PPÖ. Als „single Issue“ Partei fehlen ihr auch Positionierungen in allen anderen politisch relevanten Fragen. Die Schwedische Piratenpartei würde sogar so weit gehen rechte Forderungen zu unterstützen. Eine Partei bei der nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie auch rassistische, nationalistische Gesetze mit trägt ist für linke wohl nicht wirklich wählbar.

Schulnote: Piraten 3-

Insgesamt also relativ schlechte Noten für die Parteien. Mal sehen wie sich die beurteilung nach dem Wahlkampf aussehen wird....

Franz Schäfer, 23. Juli 2008

Update: Zum Lif siehe den Artikel: NeoLIFeralismus


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