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Arbeiten Sie produktiv?

Dienstag 30. Dezember 2008, von mond

Was machen sie beruflich? Arbeiten sie produktiv zum Wohle der Gesellschaft oder ist ihre Arbeit weitgehend sinnlos?

Gemeinhin wird angenommen, dass die Konkurrenz unter den KapitalistInnen zur Steigerung der Effizienz führt. So dachte auch Marx. Allerdings war Marx auch bewusst, dass die zunehmende Produktivität damit auch zu Überproduktion und periodischen Krisen führt in denen durch Kriege und andere Mittel wieder Produktivität vernichtet wird.

Die dank der technologischen Entwicklung enorm gesteigerte Produktivität hat aber wohl auch dazu geführt, dass der Kapitalismus genötigt war strukturelle Ineffizienz zu schaffen. Eine Firma beutet ihre Arbeitskräfte aus um Gruben auszuheben. Eine andere beutet andere Arbeitskräfte aus um die selbe Grube wieder zuzuschütten. Netto wird nichts sinnvolles für die Gesellschaft geschaffen. Alles was notwendig ist, ist es sowohl das Ausheben der Gruben als auch deren Zuschüttung als Produkt zu gestalten für das, für sich gesehen ein Bedarf besteht.

Zur Analyse dieses Sachverhaltes siehe: Bastiat, Broken Windows, Klimakatastrophen und Kriege und Am Beispiel von Microsoft: Wie teuer kommt uns der Kapitalismus?.

Interessant wäre es wissenschaftliche Studien zu finden die etwas genauere Zahlen über diese massive Ineffizienz im Kapitalismus liefern. (Ich würde mich über entsprechende Hinweise von LeserInnen freuen).

Wir finden viele völlig oder teilweise unproduktive Bereiche und solche die wo nur Mängel des Kapitalismus wieder behoben werden.

  • Rüstungsproduktion, Waffenproduktion, ein Großteil der „Sicherheitstechnik“ und Überwachungsdienstleitungen, etc. dazugehörend natürlich auch der Wiederaufbau: Der ist an sich natürlich nicht unproduktiv, aber unproduktiv im Sinne, dass er ein Problem behebt, das wir ohne die zerstörerische Kraft des Kapitalismus in dieser Form nicht hätten.
  • Werbung und Marketing: Schafft im Wesentlichen nur Unzufriedenheit: Bedarf an Dingen die wir ohne diese nicht hätten und die uns nötigt sinnlosen Schrott zu kaufen. Sicherlich zu 98% (geschätzt) unproduktiv.
  • Schrottproduktion: Sie arbeiten in einem der Bereiche die Dinge produzieren die nicht wirklich sonderlich nützlich sind, sondern für die nur durch ein massives Werbeaufgebot überhaupt ein künstlicher Bedarf geschaffen wurde. Natürlich gibt es hier auch einen großen Graubereich: Dinge die halbwegs nützlich sind aber doch nicht notwendig. Die überhöhten Preise von Markenprodukten fallen sicher in diese Kategorie. (Siehe Verachte die Marke! No Logo!). Ebenfalls Luxusgüter und Statussymbole. (Rolex, Merzedes, Guci & Co, .. )
  • Finanzdienstleistungen, Patentanwälte, u.ä.
  • Neoliberale Ideologieproduktion. Wo Menschen dafür bezahlt werden anderen einzureden, dass das Leben im Kapitalismus super ist und dort wo es nicht so gut läuft entsprechende Beratung und Hilfe zu bieten. (Natürlich ist diese Hilfe für sich gesehen nicht unproduktiv aber sie behebt zu einem großen Teil nur ein Problem das wir ohne diesen Kapitalismus erst gar nicht hätten.)
  • Umweltsanierung. Auch hier gilt: Ist ansich ja nicht unprodukltiv aber behebt zum Großteil nur ein Problem das wir ohne den Wachstumsimperativ der kapitalistischen Produktionsweise in dieser Form nicht hätten.
  • Sollbruchstellen und externalisierte Kosten. Produkte werden oft absichtlich mit verminderter Lebensdauer produziert um sich nicht einen einen Markt für neue Produkte zu verbauen. Arbeit an einem Produkt dessen Lebensdauer z.B. künstlich auf die Hälfte reduziert wurde ist nur noch zu 50% produktiv. Vielfach werden auch Probleme die Produkte machen auf die KonsumentInnen abgewälzt. Kosten werden „externalisiert“. Ein Beispiel ist die Massive Spambelastung durch die fahrlässig unsicheren Microsoft Produkte. u.ä.
  • Freizeitindustrie: Natürlich ist es nützlich wenn man/frau im Urlaub umsorgt wird. Aber ein Großteil der Freizeitindustrie ist nur notwendig weil wir die wenige Freizeit die wir haben möglichst intensiv nutzen wollen. Hätten wir mehr Freizeit bräuchten wir die Freizeitindustrie nicht. Auch Autos und ähnliches fällt zu einem hohen Grad in diese Kategorie. Ein Auto köstet meist mehr an Zeit für seine Anschaffung und Erhaltung als es uns durch die schnellere Fortbewegung erspart. Es ist zu einem gewissen Prozentsatz ineffizient.
  • Ineffiziente Produktion durch Konkurrenz. Dort wo z.B. in verschiedenen Firmen an ähnlichen Lösungen geforscht und entwickelt wird könnte durch Kooperation Arbeit eingespart werden. Insofern ist diese Arbeit zu einem hohen Grad unproduktiv.

Wie produktiv arbeiten Sie?

Am höchsten wird die Produktivität wohl noch in Bereichen sei die direkt nützliches Produzieren. Landwirtschaft und Bauwirtschaft. Eine Zahnärztin sicherlich fast gänzlich sinnvolle Arbeit. Ebenso eine Lehrerin (wobei es schon wieder von der Schule und der Schulstufe abhängt. In manchen dieser Bereiche wird zum Teil auch an der neoliberalen Ideologievermittlung gearbeitet. Zum Teil wird auch nicht mit voller Effizienz gearbeitet, da Lehrmaterial durch so genannte Geistige Eigentumsrechte unzugänglich gemacht wurden. etc..).

Wie produktiv arbeiten Sie?

Hohe 80% oder eher rund um die 0% ? Manche Bereiche richten insgesamt sogar mehr Schaden an als sie nutzen, aber nach obiger Zählweise wäre hier der die ineffizienz auf der Seite jener zu verbuchen die den Schaden wieder ausbaden müssen. (Was durch externalisierte Kosten auch in ihrer Freizeit passieren kann.)

Mich würde es sehr wundern wenn wir im Durchschnitt auf über 30% kommen. Rechnet man/frau die Produktivitätssteigerung der letzten 50 Jahre dann müsste sich unsere Arbeitszeit auf 1/4 reduziert haben. Hat sie aber nicht. Ein Teil der (auch schon damals mit kapitalistischer Ineffizienz beladenen) Produktivität ist sicherlich in eine Steigerung des Lebensstandards geflossen. Aber sicher nicht alles.

Es ist bezeichnend für unsere Gesellschaft, dass es kaum wissenschaftliche Arbeiten über dieses Thema gibt, geschweige denn dass unsere Medien voll sind von Berichten die dieses Thema aufgreifen. Selbst der linke Diskurs dreht sich immer noch wesentlich um das Thema Umverteilung. Dabei wäre, angesichts obiger Überlegungen, bei einer Abkehr vom kapitalistischen Produktionsmodell eine wesentliche Steigerung der Lebensqualität für (fast) alle Menschen möglich.

Franz Schäfer, Dezember 2008

Update: Link von Bänni: 5-stunden-woche.de


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