Die WählerInnen in Frankreich haben jetzt die Wahl zwischen einem neoliberalen und einer rechtsextremen Kandidatin. Eine linke Alternative steht nicht mehr zu Wahl. Auch in den USA war die Situation ähnlich: der linke Sanders wurde ausgetrickst. Zur Wahl stand eine neoliberale Kandidatin und ein rechtsextremer Idiot.

Wie sollte sich die Linke in solchen Situationen verhalten?

Wie hätten sie ihren Neoliberalismus den gerne?

Neoliberale Politik machen dabei aber immer beide. Der Neoliberalismus ist die fixe Komponente. In unterschiedlicher Ausprägung, mit unterschiedlicher Rhetorik gibt es dort in jedem Falle Politik für das Kapital. Der Unterschied ist vor allem in ihrer gesellschaftspolitischen Ausrichtung. Rechtsextrem, chauvinistisch, nationalistisch im einen Fall, sympathisch liberal und weltoffen und mit etwas sozialer Rhetorik gewürzt im anderen Falle. Posterboy dieser Strömung ist wohl der Kanadier Justin Trudeau.

Für das Kapital ist diese Situation natürlich ideal: es gibt nichts zu verlieren. Neoliberale Politik kommt auf jeden Fall. Nur in verschiedenen Geschmacksrichtungen. Die Frage ist wie wir als Linke darauf regagieren.

Eigentlich sollte es keine besonders schwierige Frage sein. Im Falle von Stichwahlen zwischen Rechtsextrmen neoliberalen und liberalen Neoliberalen sollte es keine komplizierte Frage sein: Mit den liberalen Neoliberalen teilen wir immerhin noch die geselschaftlich liberalen Positionen, mit den rechtsextremen Neoliberalen verbindet uns gar nichts. In diesem Falle also ganz klar für Macron statt Le Pen. Im Falle von Clinton vs. Trump klar für Hillary, im Falle von Van der Bellen vs. Hofer ganz klar für Van der Bellen, etc..

Klar: Der Neoliberalismus schafft erst die sozialen Probleme, die die Rechten stark machen. Aber auch hinter dem Faschismus steckt das Kapital.

Leider meinen einige in der Linken, dass es taktisch nützlich sei hier auf Äuidistanz zu gehen. Oder noch schlimmer: Liebäugeln mit den inhaltlichen Positionen der Rechtsextremen. Beispiel SPÖ die sich immer weiter der FP Hetzte gegen MigrantInnen annähert. Auch nationalistische anti-EU Propaganda hört man immer wieder von AktivistInnen die sich selbst als Linke sehen.

Wenn wir eines aus den Wahlergebnissen klar sehen können: Genau dieses taktieren macht sich an der Wahlurne nicht bezahlt: Gewinnen kann heute nur wer authentisch ist: Herumlavieren bei Positionen zahlt sich nicht aus. Abgesehen davon, dass mit der Annäherung an rechte Positionen letzlich auch der gesellschaftliche Diskurs immer weiter nach rechts verschoben wird.

Damit ist dann wohl relativ klar wie eine moderne Linke heute positioniert sein muss:

Bei den gesellschaftspolitisch liberal, weltoffen, internationalistisch, pro-europäisch (d.h.: wir sind für weitere europäische Integration aber eine grundlegend andere Verfassung der EU). Wirtschatspolitisch natürlich klar links aber undogmatisch (Was den Menschen sofort hilft: z.b. Grundeinkommen). Das einzige was wir mit den Rechten teilen ist eine Fundamentalopposition gegen das bestehende System. Allerdings nicht die selbe: Es muss immer klar sein wo sich unsere Lösungsvorschläge von denen den Rechten unterscheiden (ansonsten würden wir deren Propaganda indirekt unterstützen). Das fängt natürlich schon bei der Analyse der Probleme an:

Wer in der Analyse auf die allgegenwertige rechte Propaganda herein fällt der/die wird auch in den Lösungsansätzen und Forderungen mit der rechten Propaganda kompatibel:

Wer meint die Probleme heute entstehen vor allem durch das unmoralische Verhalten einiger weniger Reicher, der/die wird wohl niemals das System als ganzes in Frage stellen und in den Forderungen nur eine Bestrafung dieser wenigen "Schuldigen" abzielen und letztlich beim christlichen Faschismus landen. Man sucht die, die "hinter den Kulissen" die Strippen ziehen. Verschwörungstheorien und Antisemitismus sind die Folge.

Wer meint die Probleme heute sein nur eine Frage der Verteilung wird auch nur auf "Umverteilung" als Lösung abzielen und nicht das System in Frage stellen. Eine Analyse die sehr kompatibel mit der Hetzte gegen alle jene ist die wir uns angeblich nicht mehr leisten können. Gegen Flüchtlinge und gegen "Sozialschmarotzer" etc..

Wer meint die Probleme heute sein eine Folge der "Globalisierung", der/die ist empfänglich für nationalistische Propaganda. etc..

Ja. Wenn man/frau sich inhaltlich der "Analyse" der Rechten nur weit genug angenähert hat ist es auch kein weiter Weg mehr bis man/frau die Äquidistanz zu neoliberalen und rechtsextrmen KandidatInnen einfordert.

Eine sehr gute Formel zur Auflösung dieser Äquidistanz hat Yanis Varoufakis gefunden. Zum neoliberalen Kandidaten Macron sagt er:

*“I shall mobilise fully to help you beat Le Pen with the same strength that I shall be joining the next Nuit Debout to oppose your government when, and if, you, as President, attempt to continue with your dead-end, already-failed neoliberalism.”

Wir können und dürfen Weltoffenheit und gesellschaftliche liberale Positionen nicht den Neoliberalen überlassen. Sonst werden wir als linke untergehen. Ebenso dürfen wir die fundamentale Kritik an der gegenwertigen kapitalistischen Gesellschaft nicht den Rechten überlassen. Was aber eben nicht bedeutet die verkürzten "Analysen" der Rechten zu übernehmen: Unsere Kritik muss nicht nur fundamental sondern eben auch richtig sein.

Umgekehrt ist auch die Ablehnung mancher "linker" gegenüber gesellschaftlich liberalen Positionen von einer falschen Analyse getragen. Aus der Tatsache, dass die Wirtschaftsliberalismus mit dem gesellschaftlichen Liberalismus begründen (Popper & Co) und behaupten "unsere Freiheit sei vom kapitalistischen System nicht zu trennen" folgern manche inzwischen dass wir den gesellschaftlichen Liberalismus in Frage stellen müssen, anstatt die Widersprüchlichkeit und Unsinnigkeit dieser logischen Gleichsetzung aufzudecken.

Franz Schäfer, Mai 2017

(Foto: Wikipedia, Copyright GFDL1.2)