Eindrücke vom LINKS Bezirkstreffen im 2. Bezirk
Im Folgenden meine Eindrücke von den ersten zwei Bezirkstreffen von LINKS im 2. Bezirk.
Was LINKS noch fehlt sind politische Inhalte und Strategien. Auf der Gründungskonferenz wurde dazu nichts beschlossen. Es gab zwar viele gute Referate dort - und wenn die als Grundlage der politischen Ausrichtung gelten dann werden dann kann das Projekt durchaus noch sehr gut werden. Es kann aber genau so sein, dass das nur Sonntagsreden waren und die politische Reise in eine andere Richtung gehen wird.
Generell ist es sehr seltsam, dass noch keine politische Ausrichtung skizziert wurde. Ich würde mir erwarten, dass wer auch immer motiviert ist politisch etwas zu organisieren auch eine entsprechende inhaltliche Motivation hat. Es ist absurd zu sagen: Ok, ich gründe mal eine Gruppe und hoffe dann dass die dann irgendwie in die selbe Richtung will. Vernünftig wäre es zu sagen: Ich will in diese Richtung gehen - wer kommt mit?
Das wäre alleine schon der Höflichkeit gegenüber denen Geschuldet die jetzt mitmachen wollen: Ansonsten verbrauchen die jetzt in der Gründungsphase viel Zeit um dann vielleicht in einigen Monaten zu merken, dass das Projekt eine andere Richtung einschlägt - mit allen Streitereien die das mit sich bringen kann. Viele Menschen verstehen unter "links" sehr verschiedene Dinge.
Eine Vermutung die sich aufdrängt und die durch die 2 Treffen die bis jetzt stattgefunden haben bestärkt wird: Dass es nicht um politische Inhalte geht sonder nur ums "Gewinnen". Dass die ProtagonistInnen nur versuchen wollen Stimmen und Mandate zu gewinnen - egal mit welcher Ausrichtung. Das würde wohl bedeuten, dass man mehr oder weniger plumpen Populismus fahren will. Wie gesagt: Sicher ist das nicht - aber ausgeschlossen kann es auch noch nicht werden.
Die von den "Jungen Linken" moderierten treffen stützen diese Hypothese in so fern also dort nur immer gefragt wurde: Wie der Wahlkampf organisatorisch Ablaufen soll und die von der Moderation gestellten Fragen immer nur um die "Erfahrungen aus dem Wahlkampf" kreisten.
Bevor wir überlegen ob wir mehr Infotische oder mehr Gehsteig-parties organisieren sollten wir wohl darüber nachhalten wie wir uns inhaltlich und strategisch ausrichten wollen. Und bevor wir das tun sollten wir klären was wir denn erreichen wollen: Wollen wir Mandate oder wollen wir politische Inhalte transportieren oder wollen wir AktivistInnen gewinnen? Diese Ausrichtungen schließen sich natürlich nicht gänzlich aus aber sie treten doch an manchen Stellen eher in einen Widerspruch. Aus meiner Sicht sollten wir festlegen dass alle 3 Ausrichtungen in etwa gleichberechtigt neben einander stellen sollten.
Angesichts dessen, dass dies von den OrganisatorInnen nicht diskutiert werden will befürchte ich dass es hier im Hintergrund schon eine andere Ausrichtung gibt.
Trotz der problematischen Moderation ist jedenfalls doch klar geworden, dass es viele nette und engagierte AktivistInnen gibt denen es nicht nur um Mandate geht sondern die tatsächlich politische Arbeit betreiben wollen.
Was neben der strategisch/politischen Ausrichtung ebenfalls diskutiert werden müsste sind die organisatorischen Voraussetzungen. Vor allem: Wie kann vermieden werden, dass die selben Fehler wie im Aufbruch gemacht werden und das ganze kurz vor dem Wahltermin implodiert? Auch dazu gab es bis jetzt noch keinen Raum für Diskussion.
Wenn bei einem Treffen 20 bis 30 AktivistInnen beisammen sitzen ist es natürlich nicht leicht dass alle ausreichend zu Wort kommen. Aber wenn wir politisch zusammenarbeiten wollen dann muss genug Zeit sein dass wir uns politisch austauschen. Neben den oberflächlichen Fragestellungen war hier besonders problematisch dass es extreme Redezeitbeschränkungen gab. Entweder wurde hier bewusst versucht tiefgreifende Diskussionen zu unterbinden oder ist ist nur extrem falsch verstandene Basisdemokratie:
Es muss jedenfalls Gelegenheit geben auch komplexere politische Argumente auszutauschen. Wenn jedr Aktivistin nur 1.5 Minuten Redezeit hat dann können immer nur extrem oberflächliche Inhalte vorgebracht werden. Um z.B.: ein halbwegs typisches politische Argument zu bringen bei dem es z.b. 2 Prämissen, 3 Pro und 2 Kontra-Argumente gibt braucht es wohl mindestens Redebeiträge von etwa 5 bis 10 Minuten.
Das hilft letztlich auch denen die noch weniger politische Erfahrung haben sich einzubringen: Die können sich dann melden und ihre Zustimmung, Ablehnung oder Ergänzungen einbringen. Das ist bringt dann letztlich auch mehr Zeiteffizienz: Statt 30 kurzen Wortmeldungen die keine Inhalte haben oder nicht verstanden werden können weil sie eben zu kurz sind wird es dann einige längere Wortmeldungen geben und darum herum eine Diskussion.
Beim letzten Treffen gab es die absurde Situation dass wieder Arbeitsgruppen gebildet wurden. Dort war dann immerhin etwa 20 Minuten Zeit für Diskussion aber dann wurden die Berichterstatter*innen aus den Arbeitsgruppen aufgefordert die Diskussion in maximal 1.5 Minuten wiederzugeben!!
Wie gesagt: Ich will nicht unterstellen, dass das alles Absicht ist aber dennoch extrem unprofessionell. Im Anschluss an das zweite Treffen hab ich mit einem bekannten Aktivisten gesprochen der sich das auch einmal ansehen wollte und der über die Situation dort aus den selben Gründen wie ich auch sehr schockiert war.
Besser wäre es wohl gewesen wenn LINKS doch darauf gesetzt hätte ein Teil der ANDAS Allianz zu werden. Das hätte uns erspart hier mit pseudobasisdemokratischen Gewaltakten das Rad neu zu erfinden.
Dummerweise sind wir jetzt in dieser Situation. Der einfachste und sauberste Ausweg wäre aus meiner Sicht noch immer der Weg in eine Allianz.
Unabhängig davon muss jedenfalls innerhalb von LINKS ein entsprechender Raum für Diskussion geschaffen werden. (Ich hoffe es wird jetzt bald Mailinglisten geben: Dann kann man/frau sich zumindest ohne Minutenzeitdruck schriftlich äußern).
Weiters ist wohl eine bessere Moderation notwendig. Am Beginn jeder Sitzung muss eine gemeinsame Agenda festgelegt werden. Es kann nicht sein dass nur das Diskutiert wird was die Zentrale erlaubt.
Aus meiner Sicht müssten folgende Dinge diskutiert werden:
1.) Ziel des Wahlkampfes. Wollen wir politische Inhalte transportieren oder geht es nur um Mandate? Wie schaffen wir einen Kompromiss zischen den verschiedenen Zielsetzungen? Basis für die Diskussion könnte z.B. Antrag Mond1 sein. (Siehe Anhang).
2.) Organisatorisches. Was waren die Fehler im Aufbruch? Wie vermeiden wir sie? Wie können wir uns demokratisch-partizipativ organisieren. Meine Gedanken und Analysen die ich aus dem Zusammenbruch des Aufbruchs gezogen haben finden sich in den 4 Artikeln die hier verlinkt sind: Organisiert euch! Aber wie?
Insbesondere sollten wir auch nochmal darüber sprechen ob nicht eine Allianz doch die tragfähigere Alternative zum Alleinvertretungsanspruch von LINKS wäre (Siehe Anhang, Antrag Mond4)
3.) Programmatischer Rahmen. In welchem linken Bereich wollen wir uns positionieren? Welche wollen wir keinesfalls? Auch hierzu gibt es einen Antrag von mir in dem meine und die Überlegungen von anderen ANDAS AktivistInnen umrissen sind. (Siehe Antrag Mond2)
Natürlich kann man versuchen, sich um diese Diskussionen drücken, aber früher oder später würde uns das einholen und an unpassender Stelle als Steitereien wieder auftauchen.
Und das Wahlprojekt muss heuer wirklich gelingen. Durch die Schwäche der SP, dem Rechtsruck mit Ludwig und der Teilnahme der Grünen an der rechten Kurzregierung haben wir eine unglaubliche historische Chance. Diese dürfen wir keinesfalls verspielen.
Franz Schäfer (Mond), Februar 2020
Die folgenden Anträge wurden fristgerecht zur Gründungsversammlung eingebracht, aber von den Protagonist*innen bewusst nicht ausgeschickt. :-(
Ignorierter Antrag: Mond1 - Die drei Ziele des Wahlkampfs
LINKS will sich an den Wiener Gemeinde- und Bezirksratswahlen beteiligen. Was sollen die Ziele dieses Wahlkampfes sein?
Folgende drei gleichwertigen Punkte sollten unsere Ziele im Wahlkampf sein:
1.) Erringung von Mandaten.
Mit einem guten Wahlkampf ist es leicht relativ viele
Bezirksratsmandate zu erringen. Dabei soll auch auf die gute Arbeit
von Wien-Anders und der KPÖ in vielen Bezirken aufgebaut werden.
Natürlich ist auch der Einzug in den Gemeinderat ein Ziel, das aber
durch die 5% Hürde nicht ganz so leicht zu verwirklichen sein wird.
2.) Werbung neuer AktivistInnen
Aus Erfahrung wissen wir, dass sich in Wahlkampfzeiten neue
AktivistInnen finden die politisch aktiv werden wollen. Wir wollen
dass sie an unsere Strukturen (von LINKS, aber auch von KPOE, ANDAS
oder anderen bestehenden, politischen Gruppen) andocken können und sie
dort entsprechend angenehmes politisches Umfeld vorfinden, in dem sie
dann auch langfristig aktiv sein wollen.
3.) Kommunikation linker Inhalte
Auch wenn wir vielleicht da und dort nicht gewählt werden, soll der
Wahlkampf als Gelegenheit genutzt werden, um linke Inhalte zu
kommunizieren. Um Menschen zum Denken anzuregen und um z.B.
bestehende rassistische, nationalistische, sexistische, anti-semitische
und anti-muslimische Vorurteile offen zu legen und um die absurde
kapitalistische Logik zu hinterfragen, die uns dazu bringt unsere
eigenen Lebensgrundlagen zu zerstören. Die Kommunikation solcher
Inhalte erscheint manchmal als Widerspruch zu Punkt 1. Deswegen wird
im Sinne eines oberflächlichen Populismus von manchen Gruppen
versucht ihre Forderungen an das anzupassen, was sie der
Mehrheitsbevölkerung an Positionen meinen zumuten zu können. All zu
oft schwenkte z.B. die SP auf die rechte Krone/FP Linie ein.
Es ist jedenfalls zu vermeiden, dass wir unsere Positionen verbiegen,
nur weil wir meinen, dass das populär wäre. Im Gegenteil: Klare,
freche und radikale Positionen bringen uns ins Gespräch - ("dürfen die
denn das fordern?") und somit auch zum Erfolg am Stimmzettel.
Begründung:
AktivistInnen haben unterschiedliche Vorstellungen davon, was sie sich vom Wahlkampf erwarten. Oft wird erst kurz vor der Wahl klar, dass diese Vorstelllungen fundamental inkompatibel sind und es kommt zum Streit. Das kann vermieden werden wenn von Anfang an ein Rahmen für den Wahlkampf festgelegt wird. Die drei oben genannten Ziele sind nicht immer ein Widerspruch und können gleichberechtigt im Wahlkampf verfolgt werden.
Ignorierter Antrag: Mond2 - Programmatischer Rahmen
Motivation:
Einer der grundlegenden Fehler des Aufbruchs war, dass es keinen Inhaltlichen Rahmen gab. So haben viele AktivistInnen mitgemacht in der Hoffnung, dass die Organisation auch für ihre Ziele einstehen würde. Letztlich wurden viele enttäuscht.
Auch wenn Details des Programms erst ausgearbeitet werden müssen, so muss doch von Anfang an klar sein, in welchen Bereichen sich das Programm bewegen soll. Dies ist auch dringend notwendig, um innerhalb der neuen Organisation Vertrauen aufbauen zu können. Fatal wäre es, wenn sich die Programmfindung bis kurz vor den Wahlen hinziehen und die daraus entstehenden Differenzen den Wahlantritt gefährden würden. Ebenfalls ungünstig wäre es, wenn die inhaltlichen Vorstellungen so weit auseinander liegen, dass das gemeinsame Programm nur noch ein relativ oberflächlicher, fader, kleinster gemeinsamer Nenner wäre.
Daher ist es notwendig den inhaltlichen Rahmen bereits jetzt grob abzustecken. Das Programm von Wien-ANDAS ist im Übrigen ein guter Ausgangspunkt.
Beschlusstext: Inhaltlicher Rahmen
Ausgangspunkte:
A1.) Wir wollen den freien Raum links von Grünen und SP besetzen, denn wer mit dem Angebot von SP oder Grünen zufrieden ist wird uns ohnehin nicht wählen oder mitmachen.
A2.) Zentrale Punkte die vielen von uns wichtig sind müssen abgedeckt sein.
A3.) Elemente die fundamental im Widerspruch zu vielen anderen Elementen stehen können keinen Platz haben. (z.B. "Alleinerklärungsdogmatismen")
A4.) Natürlich können auch Forderungen Platz haben die von den anderen Parteien bereits erhoben werden. (z.b. Arbeitszeitverkürzung, etc, etc)
Daraus abgeleitet:
Was Platz haben muss:
P1) Radikale Systemkritik, Kapitalismuskritik (fehlt bei allen anderen Parteien)
P2) Eng verknüpft damit: radikale Umwelt und Klimapolitik. (weil hier die anderen Parteien viel zu wenig tun)
P3) Bedingungsloses Grundeinkommen (fehlt bei allen Parteien und ist ein wichtiges Element im Kampf gegen den Klimawandel und aufgrund der kommenden Digitalisierung ohnehin notwendig).
P4) Feminismus, Antifaschismus, Antirassismus (fehlt vor allem bei der SP).
Was Platz haben soll:
H1) Forderungen die zwar nicht so radikal sind wie oben, die aber dennoch in der Tendenz in die selbe Richtung gehen. (Mietzinssenkungen, Arbeitszeitverkürzung, CO2-Steuern, Tierschutz, .., ..)
H2) Aufzeigen von Missständen in der jetzigen Stadtregierung.
H3) Konkrete Verbesserungen im Stadtbereich. (soweit im Einklang mit obigen Zielen)
Was KEINEN Platz haben kann:
K1) Jeglicher Rassismus: insbesondere der sich gerade ausbreitende anti-islamische Rassismus und Antisemitismus.
K2) Dogmatismus (die Wahrheit gepachtet zu haben). Alles anhand weniger, einfacher Glaubenswahrheiten erklären zu wollen bzw. die Lösung in der Umsetzung einer einzigen Forderung zu sehen und dabei die Komplexität der Probleme zu negieren. Jeglicher Dogmatismus der auf "die eine Antwort" fixiert ist, negiert automatisch die Wichtigkeit der anderen Zugänge und würde so viele AktivistInnen ausgrenzen. Insbesondere:
K3) Die Problem der Welt vorwiegend mit Verschwörungen erklären zu wollen. (was nicht bedeutet, dass es keine Verschwörungen gibt)
K4) Schwundgeld/Festgeldtheorien mit dem Anspruch: "Wenn wir nur ein anders Geldsystem hätten, dann wäre alles gut". (was nicht bedeutet das auch die eine oder andere Kritik am Geldsystem Platz haben kann).
K5) Die Probleme einzig als Verteilungsprobleme zu sehen, denn das ist im Prinzip was die SP tut. (was natürlich nicht bedeutet dass uns mehr Verteilungsgerechtigkeit nicht ein Anliegen sein sollte)
K6) Die Problem vorwiegend als Charakterdefizite der handelnden Personen ("der Reichen" bzw. "der Politiker") zu sehen ohne das System dahinter in Frage zu stellen. (was natürlich keinesfalls bedeutet nicht die Charakterdefizite einzelner Personen durchaus anprangern zu dürfen)
K7) Anti-Feminismus darf keinen Platz in der Linken haben.
Ignorierter Antrag Mond4 - Allianz vs. Einzelmitgliedschaft
Motivation:
Es ist zu begrüßen, dass es mit LINKS eine neue politische Organisation gibt die eine Struktur für bisher unorganisierte AktivistInnen anbieten will.
Viele von uns sind aber bereits in einer oder mehreren Strukturen aktiv. Die Doppel- und Dreifachbelastung, neben Familie, Job und anderen politischen Aktivitäten, jetzt auch noch in LINKS aktiv sein zu müssen, um dort mit-entscheiden zu können, ist für uns nicht besonders attraktiv. Wir denken eine erfolgreiche, politische Organisation sollte sich vor allem auch aus dem Wissen der bestehenden Bewegungen speisen.
Auch ist es fraglich, wie es gelingen soll sehr verschiedene Zugänge unter dem Alleinvertretungsanspruch von LINKS zu repräsentieren.
Angesichts der Schwäche der SP und der nach rechts gerückten Grünen (Koalition auf Bundesebene) bestehen für ein linkes Projekt momentan sehr gut Chancen. Diese sollten nicht durch waghalsige Experimente gefährdet werden. Zur Erinnerung: ANDAS konnte im Jahre 2015 fünf BezirksrätInnen erringen.
Der Aufbau einer neuen politischen Organisation kann nicht auf dem Reißbrett passieren, sondern bedarf vieler AktivistInnen, die sich, auf Grund ihrer gemeinsamen politischen Arbeit, kennen und vertrauen. Das braucht Zeit.
Mit der Erfahrung einer gemeinsamen politischen Praxis im Wahlkampf und der politischen Arbeit in den Bezirken könnte dann überlegt werden, bei den darauf folgenden Wahlen mit einer gemeinsamen Organisation anzutreten.
Beschlusstext:
LINKS tritt bei bei den Wiener Gemeinderats- und Bezirkswahlen als Teil der bestehenden Wien-ANDAS Allianz an. Nur Gemeinsam sind wir stark! In dieser Allianz sind natürlich auch weitere Organisationen sehr willkommen.