Österreich ist ein Land, das sehr weit rechts steht. Fast 50% der WählerInnen
wollten einen Bundespräsidenten der sich selbst gerne mit Nazi-Symbolen
(Blaue Kornblume) schmückt, dessen Partei gegen MigrantInnen hetzt und die
sich zwar nicht "Nationalsozialistisch" nennt, weil das in Österreich
verboten wäre, die aber mit sehr nahe daran anknüpfenden Slogan "Soziale
Heimatpartei" wirbt.
Die Medienlandschaft wird von einem kleinformatigen, rechtsextremen
Hetzblatt dominiert.
Wer die Politik in diesem Land etwas verfolgt den sollte nichts mehr
wundern. Es ist inzwischen icht mehr nur die FP die sichtmit ihrer Hetzte
gegen MigrantInnen besonders hervortut. Schwarz und Rot haben die Politik
und zum Teil auch die Rhetorik längst übernommen. Daran haben wir uns leider
in den letzten Jahren gewöhnt.
Eine relativ neue Qualität ist jedoch, dass der Rassismus inzwischen schon im
liberalen Vorzeigeblatt "Der Standard" angekommen ist. Die Überschrift "Der
Feind in unserer Mitte" ziert dort einen Artikel von Hans Rauscher. Beinahe
täglich verfasst er einen Text in dem er seine kultur- und
sozialrassistischen Thesen verbreitet.
Manchmal versteckt er seine Ressentiments hinter irgend welchen Studien aus
denen er sich heraus picket, dass die Problem der jungen, männlichen Migranten
ja deren Kultur und Erziehung geschuldet sei. Und natürlich wird auch der
Islam selbst dafür verantwortlich gemacht.
Die PosterInnen im Forum sind begeistert: endlich jemand der ihnen recht
gibt, endlich jemand der ausdrückt was sie schon immer gewusst haben. Manche
werfen im eine "180 Grad Wende" vor, aber Rauscher postet stolz Links zu
älteren Artikel in dene er belegen kann, dass er eh schon immer so
rassistisch geschrieben hat.
Eines ist klar: Je mehr so ein "Kampf der Kulturen" herbeigeredet und
herbei geschrieben wird, desto wahrer wird er: Wie sollen sich Menschen hier
willkommen fühlen wenn ihnen ständig unterstellt wird, dass sie hier nicht
herpassen und ihre Kultur nicht mit "unserer" kompatibel ist, dass sie für
den Terror verantwortlich sind. Und je mehr Menschen hier diese Auffassung
teilen desto mehr Ablehnung wird man unseren migrantischen Mitbürgern
entgegen bringen. Wir haben eine selbsterfüllende Prophezeiung. Dass diese im
der Kronenzeitung verbereitet werden sollte uns nicht wundern. Von angeblich
liberalen Qualitätsblättern hätte ich mir doch etwas mehr erwartet.
Darf man also den Islam nicht kritisieren? Als Atheist würde ich sagen: man
soll das sogar, so wie wir allen Religionen sehr kritisch gegenüber stehen
sollten. Und man muss auch nicht immer jede Kritik an einer bestimmten
Religion sofort und gleichzeitig mit einer Kritik aller anderen Religionen
aufwiegen. Aber wirklich Problematisch wird es wenn ein "Wir" gegen "Die"
konstruiert wird.
Dieses System – die patriarchale muslimische Gesellschaft – kann aber ganz offensichtlich mit der Moderne nicht mithalten. Daraus ergibt sich aber keine Selbsthinterfragung, sondern wahnhafte Selbstüberhöhung mit Missachtung des Lebens. - Hans Rauscher, Einserkastl, 22.12.2016
Ja. "Die Moderne", die tolle aufgeklärte, säkulare Gesellschaft mit ihren
friedliebenden christlichen Wurzeln in der wir leben. War da nicht, das
größte Verbrechen in der Geschichte der Menschheit, das hier vor wenigen
Jahrzehnten von all diesen kultivierten, christlichen und modernen Menschen begangen wurde?
Ja, reden wir über Kultur, aber reden wir auch und vor allem über die hier
vorherrschende Kultur. Da gibt es sehr viel zu reden.
Was ging denn dem Holocaust voraus? Wurde da nicht Jahrzehnte und
Jahrhunderte lang einer Bevöklkerungsgruppe eine bestimmte Kutlur und
bestimmte Eigenschaften angedichtet. Sehr massiv unterstützt von
christlicher Seite aber zum Teil auch durchaus in der ArbeiterInnenbewegung.
Wer meint ich übertreibe, wenn ich die Hetzte gegen Muslime mit dem
Antisemitismus vergleiche, für den/die hätte ich ein paar Zitate:
Die Journalistin "Katie Hopkins" erklärte nach dem Terroranschlag von
Manchster via Twitter, es bedürfe jetzt einer "Final Solution". Der
Journalist "Sam Harris" ist schon seit längerer Zeit dabei, über einen
nuklearen Erstschlag gegen die arabische Welt nachzudenken.
Was wollen Terroristen eigentlich erreichen? Genau das: Angst und
Schrecken verbreiten und uns gegeneinander Aufhetzten. Je mehr Ablehnung den
hier lebenden Muslimen entgegen schlägt desto leichter sind sie zu
rekrutieren. Herr Rauscher leistet prima Arbeit für den IS, was können die
sich mehr wünschen als das alle Muslime zum "Feind in unserer Mitte"
gestempelt werden. Es ist einfach unglaublich. Gerade angesichts der
grauenhaften Terrorakte ist es unglaublich, dass diese auch noch von
"ach so liberalen" Journalisten in ihrem Tun unterstützt werden.
Unglaublich, aber es gibt doch etwas Logik in der Sache: Der
Standard als neoliberales Propaganda Organ (Der Wirtschaftsteil ist voll von
Lobeshymnen auf TTIP & Co) braucht natürlich Erklärungen dafür, dass manches
in der Welt schief läuft. Und damit man nicht die eigene Ideologie in Frage
stellen muss, ist es schon praktisch wenn man das da und dort auf eine "Kultur
die offensichtlich mit der Moderne nicht mithalten kann" schieben kann. Das
ist doch ein recht bequemer Sündenbock.
Das macht der Neoliberalismus im einzelnen so: Wer arm ist ist selber schuld und soll sich halt mehr anstrengen und hier offensichtlich auch im großen: 10 Millionen Menschen verhungern jedes Jahr dank des neoliberalen Kapitalismus. Rauschers Antwort (siehe oben): ihre Gesellschaft kann halt nicht mithalten.
Was für ein Kotzbrocken.
Franz Schäfer, Mai 2017