Christiane Maringer, vom Bundesausschuss bezahlt ohne zu wissen wofür,
kündigt in einem Newsletter die neue Homepage der KPÖ an.
„Der Umbau des Internet Auftritts der Bundespartei ist abgeschlossen. [...] Sie ist also mit einem
contend-management-system (sic!) ausgestattet, wurde in einem open-surce-Programm (sic!) erstellt und barrierefrei.“
Noch mehr fehlerbehaftet ist die Site selbst. Zuerst aber mal ganz allgemein gedacht: Was würde den ein kommunistisches Webdesign ausmachen?
Zur Beantwortung dieser Frage ist es zuerst notwendig etwas in die Geschichte des WWW zu blicken.
Eine kurze Geschichte des Webs und dessen Kommerzialisierung
Entwickelt am CERN war es zuerst gedacht um Wissen und Informationen übersichtlich transportieren zu können. Die HTML Markup Sprache war so gestaltet, dass sie erlaubte zu kennzeichnen was Überschriften in einem Text sind und was hervorgehoben werden soll. Wie die ersten Webbrowser mit diesen Tags umgehen sollten war nicht genau spezifiziert. Und auf einem Text Terminal wird „hervorheben“ auch anders implementiert werden müssen als in einer grafischen Umgebung. Im Ausdruck anders als am Bildschirm, etc, etc.. Wenn auch nicht konsequent eingehalten, so ging es doch eher um semantisches Markup als um die exakte Beschreibung eines Layouts. Wenige Jahre später füllte sich die Dot-Com Blase. Die Erstellung einer „Homepage“ stand in den Vorstandsetagen auf der Agenda. Die gaben deren Gestaltung üblicherweise an die GrafikerInnen weiter, die auch bisher schon für die Produktion von Papierwerbemüll verantwortlich waren. GrafikerInnen waren im allgemeinen keine ProgrammiererInnen. Das Konzept von semantischem Markup war ihnen fremd. Sie dachten in Schriftgößen, Farben und Punktgrößen. Als Werkzeug kannten sie die Kommerziellen Programme von Adobe & Co die auf ihrem Mac halt liefen. Kommandozeile oder ein Texteditor war den Mac-UserInnen typischerweise ein Gräuel. Drag & Drop & Klicksiklicksi musste alles gehen.
Entsprechend sahen die Homepages der damaligen Zeit auch aus. Hinzu kam noch der damals tobende Browserkrieg zwischen Netscape und Microsoft. Beide Firmen überboten sich den neu gewonnen Bedarf an „Gestaltungsmöglichkeiten“
mit immer unsinnigeren Features nachzukommen.
Mit dem Platzen der Dot-Com Blase und dem vorläufigen Ende des Browserkriegs kehrte dann etwas Ruhe in die Entwicklung des Webs. Google setzte mit seinem schlichten, hübschen und funktionalen Interface einen neuen Maßstab. Layout wurde schrittweise auf CSS umgestellt. Das erlaubte zwar einerseits eine Rückkehr zu mehr semantischem Markup, andererseits aber noch peniblere Festlegung „von wie eine Website am Browser auszusehen hat“. Hier gibt es damit zwar einerseits wieder eine Verbesserung aber die Freiheit dem Browser und den BenutzerInnen die Freiheit der Darstellung zu überlassen wird weiterhin nicht immer respektiert. Damit kommen wir zum Thema:
Wie müsste kommunistisches Webdesign aussehen?
„Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!“ — Karl Marx, 1875, „Kritik des Gothaer Programms“
Freiheit ist meines Erachtens einer der wichtigsten und viel zu oft vernachlässigten Grundwerte jeder linker Politik. Webdesign sollte also die BenutzerInnen einer Seite möglichst nicht bevormunden. Schon gar nicht nach dem Beispiel des kommerzialisierten Webs. Wenn BenutzerInnen einen default Font für ihre Website einstellen, dann kann man/frau davon ausgehen, dass sie dies tun weil sie dessen Lesbarkeit schätzen. WebdesignerInnen sollten hier nicht meinen dies
besser zu Wissen. Neben einem auf CSS basiertem Design sollte eine kommunistische Site vor allem an Usabilty und an der Freiheit der UserInnen orientiert sein. Fixe Fontgrößen sind da ebenso ein NO-NO wie Links zu externen sites die in eigenen Browserfenstern öffnen.
Die Bevormundung durch WebdesignerInnen linker Sites ist dabei oft auch Ausdruck einer veralteten „Avant-garde-Ideologie“. Menschen die Denken sie wissen besser als andere wie die Welt funktioniert und die weiter meinen die anderen könnten dies nicht so leicht erkennen und müssten daher bevormundet werden [1].
Dass eine kommunistische Site Rücksicht auf die soziale Lage der UserInnen nimmt müsste seblstverständlich sein. Neuste Technologien sollten daher nur optional angeboten werden aber nicht notwendig für die Benutzung der Website sein. Ebenso selbstverständlich müsste die Benutzung Freier Software sein [2]. Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Websites nicht die BenutzerInnen der Site zur Verwendung Unfreier Software zwingen. Eine kommunistische Website müsste darüber hinaus auch auf unfreie Software für den Eigengebrauch verzichten. Also Bilder nicht unbedingt mit Kommerziellen Programmen bearbeitet wo es auch GIMP gibt und Files nicht unbedingt mit CR-LF in MS-DOS Konvention daherkommen... etc..
Die technischen Fehler und Mängel der neuen KPÖ-Homepage
- Barrierefrei? Naja, die site mag mit einem Brailreader lesbar sein, aber für alle die im Firefox mit Cntrl-++ einen größeren Font auswählen, für die wird die Sache unlesbar. Das Layout fällt dann komplett auseinander... typische Anfängerfehler.
- Fonts in absoluten Pixelgrößen angeben. Damit werden die Texte auf vielen Bildschirmen entweder unleserlich klein oder unvernünftig groß. Gerade der Font für den Fließtext sollte nicht verstellt werden. Zumindest nicht in der Größe.
- Fixes Layout. Auf kleinen Bildschirmauflösungen (800x600) muss man/frau horizontal scrollen. Auf großen Bildschirmen wird der Platz nicht ausgenützt... Typisch hin gebogen für eine schöne Präsentation aber nichts für den Alltagsgebrauch.
- Die Site basiert auf dem latin1 Zeichensatz. Das war 2000 durchaus der Zeichensatz der Wahl aber wer im Jahre 2007 eine neu erstellte site nicht auf UTF-8 Basis konzipiert der/die ist sicher nicht ganz bei Trost. Gerade angesichts von Rassismus und Nationalismus ist es für eine internationalistische Partei notwendig auch Fremdsprachige Texte publizieren und integrieren zu können. Das geht mit ISO-8859-1 nicht wirklich gut.
- Kein RSS Feed der Artikel vorhanden. In Zeiten von Web2.0 und allgegenwärtiger Blogs ein unverzeihliches Manko.
- Bei der Neugestaltung wurde zwar die alte site aufbewahrt aber auf eine andere URL gelegt. Zigtausende Zugriffe von SurferInnen die die site auf Grund der vielen Texte via Google finden landen so im Nirvana. Unglaublicher Schwachsinn... Wenn man/frau eine neue Bibliothek baut verbrennt man/frau ja auch nicht gleich alle alten Bücher...
- Die URLs der Mailinglisten funktionieren auch nur noch zur Hälfte.
- Links auf externe sites werden in eigenen Fenstern geöffnet. Ein Absolutes NO-NO wie alle Usability-ExpertInnen bestätigen. Solche Linkgestaltung sagt andererseits sehr viel über das eigene Weltbild aus...
- Elendslange URLs, kaum geeignet um sie schnell mal in einer Diskussion zu zitieren und dabei nicht einmal sprechend [3].
- Absurd geschützte E-Mail Adressen. Email Adressen so zu schreiben dass sie nicht von Spam-Bots gelesen werden können macht Sinn. Außer die Adressen waren ohnehin schon jahrelang online und ausgenommen man/frau schützt sie so dilettantisch, dass sogar die dümmsten Bots die Adresse lesen können. Ein Blank vor und nach dem @. Einfach nur lächerlich.
Die politischen Unschönheiten der neuen KPÖ-Homepage
... vom Inhalt erst einmal gar nicht zu reden:
- Die aktuellen Nachrichten der Bezirks- und Landesorganisationen die früher relativ prominent platziert wurden, waren den autoritären Leitungsmitgliedern immer schon ein Dorn im Auge. Pluralismus ist nur für die nur ein leeres Wort. Manche wollten diese Links ganz von der Startseite verbannen andere nur etwas verstecken. Jetzt wurden sie am unteren Ende der Seite versteckt. Dafür haben sich die autokratisch herrschenden Bundesausschussmitglieder einen großen Platz in der Mitte der Startseite reserviert.
- Die site der kritischen Grundorganisation „GO-Dogma“ wurde im Zuge des Umbaus gleich beseitigt. Binnen einer Woche haben es die bezahlten Experten nicht geschafft das wieder aufzudrehen oder einen Redirect auf die neue Location abseits des Parteiservers zu legen. http://domga.mond.at
- Viele Bilder wurden mit kommerzieller Adobe Software gestaltet. Echte KommunistInnen würden Freie Software verwenden. KommunistInnen die die Beschlüsse von Parteitagen respektieren ebenfalls.
- Stylesheet Files wurden anscheinend auf Microsoft Systemen editiert (ersichtlich durch extrem peinliche CR-LF Zeilenenden).
- Die Wahl des CMS ist nicht gerade glücklich. Für neue user ist Typo3 komplex und unintuitiv. Im Sinne der im Statut der KPÖ verankerten AktivistInnenpartei ist es daher eine schlechte Wahl. Die interne Datenstrutkuren sind dem Problem (Vorwiegend Artikel) nicht angepasst.
Die Liste der konkreten Fehler und Problem des KP-Webauftritts könnte noch weiter fortsetzt werden.. Es sollte jedoch sein, dass der misslungen Webauftritt der KPÖ den veralteten und autoritären Charakter dieser Partei sehr gut widerspiegelt.
Franz Schäfer, November 2007.