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Ist ein Grundeinkommen Finanzierbar?

Friday 7 December 2018, by mond

Ist ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) überhaupt finanzierbar?

Man muss dazu weder WirtschaftswissenschaftlerIn sein noch Differentialgleichungen lösen können. Es ist ganz leicht zu klären:

Wenn wir unsere heutige Welt betrachten: Wir haben ein bestimmtes Angebot an Waren und Dienstleistungen und wir haben Geld mit dem wir das kaufen können. Das Geld ist ungleich verteilt so bekommen einige deutlich mehr als andere. Ein bessere Verteilung wäre jedenfalls gut aber würde nicht all zu viel am Grundproblem ändern.

Ist ein BGE hoch genug, dann würden viele nicht mehr Arbeiten. Der Pool an Waren und Dienstleistungen würde sinken, das BGE wäre nicht mehr hoch genug damit die Menschen zufriedenstellend leben können und einige würden doch wieder einer Lohnarbeit nachgehen. Der Wert des BGE, ausgedrückt in Waren und Dienstleistungen, wäre anfänglich relativ niedrig. Aber dennoch bestünde zentraler Unterschied: Das BGE wäre kein Almosen sondern ein garantiertes Einkommen. Es würde den Menschen die Angst nehmen ihren Job zu kündigen und einmal ein alternatives Leben mit etwas weniger auszuprobieren. Insgesamt würden 3 Dinge eintreten:

  • erhöhte Kaufkraft die für wirklich notwendige und wichtige Dinge des Lebens genutzt wird.
  • Arbeitskraft zu kaufen würde teurer.
  • Viele Menschen die von einem BGE leben würden sich dennoch sinnvoll betätigen (Tomaten anbauen, soziale Kontakte pflegen, Freie ("open source") Software entwicklen, Wikipedia Einträge. Musik und Kunst schaffen. Etc.

Die Kapitalistische Wirtschaft würde sich also auf die Produktion von wirklich benötigten Dingen fokussieren und es bestünde weniger Motivation Sinnlose Produkte zu erzeugen.

D.h.: es ginge in die Richtung: Ein Leben vom BGE würde leichter möglich sein. Der Wert des BGE ausgedrückt in Waren und Dienstleistungen würde steigen und diesen Trend weiter verstärken. Idealerweise würde das auch noch von der Politik durch zielgerichtete Steurern auf sinnloses Produkte verstärkt.

Es gibt dazu, soweit ich weiß, kaum Studien aber es reicht sich einwenig umzusehen: Etwa 50% (als grobe Schätzung) der Arbeit die heute geleistet wird ist nutzlos (trägt also nicht dazu bei sinnvolle Waren oder Dienstleistungen zu schaffen) oder sogar schädlich (macht mehr kaputt als es bringt). Das es so viele sinnlose und schädliche Produkte gibt ist kein Zufall: Kapitalismus kann nur mit Knappheit arbeiten. Was im Überfluss vorhanden ist lässt sich nicht teuer verkaufen. Das hat Marx schon vor 160 Jahren im Manifest beschrieben - dort noch als Effekt der vor allem in Krisenzeiten eintritt. Heute hat der Kapitalismus die Schaffung von Knappheit verinnerlicht - sie findet laufend statt.

Beispiele:

Werbung: Werbung hat nur ein Produkt: unsere Unzufriedenheit. Sehr viele gescheite und kreative Menschen arbeiten 40h/Woche um uns alle unzufriedener zu machen und uns dazu zu bringen Dinge zu kaufen die wir nicht brauchen. Und natürlich alle Zulieferer und Helfer in dieser Branche und die toten Bäume die unsere Briefkästen füllen. Zusammen mit den Produkten die wir kaufen aber nicht brauchen ist die Bilanz dieser Branche fatal.

Künstliche Obsoleszenz: Die Lebensdauer vieler Produkte wird künstlich niedrig gehalten: Damit die KonsumentInnen bald nachkaufen müssen. Selbst dort wo die Lebensdauer nicht absichtlich beschnitten wird ist sie in den meisten Fällen kein Designkriterium das viel beachtet wird. Die Produkte sollen die Garantiefrist überleben damit die Reklamationen nicht zu viel Aufwand machen aber das reicht dann meistens. Nehmen wir Handys. Die meisten Handys könnten locker 5 oder mehr Jahre halten. Aber meist erhält man bereits 1 oder 2 Jahre nach dem Kauf keine Updates mehr: Und ohne Updates sind die Mobiltelefone ein extremes Sicherheitsrisiko und damit unbrauchbar. Sehr leicht bricht das Display aber die Telefone sind nicht so gebaut dass diese leicht austauschbar ist.
Eine Gesetzliche Regelung wäre hier dringend Notwendig: Mindestdauer für Software Updates: 5 Jahre. Bei WLAN routern: 10 Jahre. Etc. Etc..

Glücksspiel, Absurde Finanzprodukte. Der Zweck der meisten Finanzprodukte ist es heute diese möglichst undurchschaubar und wenig vergleichbar zu machen.

Rüstung und Krieg Die leider effizienteste Methode zur Schaffung künstlicher Knappheit ist Krieg. Der wirkt gleich doppelt: einerseits können Waffen verkauft werden und wenn dann alles niedergebombt ist dann muss dann alles wieder aufgebaut werden. Angesichts der massiven Produktivitätssteigerungen die uns Dank AI bevorstehen ist diese Art der Ineffizienz die wohl erschreckendste.

Geistiges Eigentum ist ein besonders absurde Art Knappheit zu schaffen: etwas das ohne Kosten beliebig geteilt werden kann wird per Gesetz rar gemacht. Nicht nur dass damit vielen etwas vorenthalten wird: Auch der gesamte Auftwand der darum herum betrieben ist ist Sinnlos: Patentanwälte, Rechtsanwälte, Patentämter, Lizenzkostenübrprüfungssoftware, Überwachung und Registrierung, etc. Eng verknüpft mit dem "Geistigen Eigentum" ist:

Ineffizienz durch Nicht-Kooperation. Viele Menschen arbeiten heute an Dingen die andere auch machen. Aber Firmen wollen sich nicht gegenseitig helfen da sie ja in einem Konkurrenz Verhältnis stehen. Das Umgeht der Kapitalismus in dem Firmen zu immer größeren Konzernen zusammenwachsen - aber je größer die Konzerne desto größer auch wieder die interen Bürokratie. Kleine Firmen sind oft 10 mal produktiver als größere. Freie ("Open Source") Software wie Linux hilft auch das Problem zu verringern: Es erlaubt Kooperation auch über Konzerngrenzen hinweg.

Der Arbeitsoverhead: Menschen die ansonsten z.b. gar kein Auto breuchten müssen sich eines kaufen damit sie Arbeiten gehen können - und verwenden dann einen sehr großen Teil ihrer Areitszeit um diese zu bezahlen. Im Arbeitsleben bleibt nur wenig Freizeit. Diese muss dann in einer teuren Urlaubsreise um so intensiver genutzt werden. Würden wir alle weniger arbeiten könnte man dann auch locker mit Bahn und Fahrrad in den Süden oder in die Berge fahren oder mal eine weitere Wanderung machen, etc.

Alles zusammengerechnet mit Zulieferung und dem ökologischen Fussabdruck des eingesparten Schrotts, sind 50% weniger arbeiten und trotzdem ein gleich hoher oder höherere Lebensstandard (Viele Menschen würden sich mehr Freizeit und weniger Hektik wünschen) durchaus denkbar. Und damit ist ein sehr hohes BGE sehr leicht finanzierbar. Je weniger wir arbeiten desto weniger machen wir die Umwelt kaputt. Daneben ist die freie, selbst bestimmte Arbeit ausserhalb eines Lohnarbeitsverhältnisses wohl oft auch deutlich produktiver.

Die Umstellung unserer Wirtschaft auf sinnvolle Produktion ist ohnehin notwendig, wenn wir nicht in einer dystopischen Zukunft voll von Krieg und Umweltzerstörung aufwachen wollen. Das BGE ist, wie eingangs erklärt ein Mittel das helfen kann unsere Wirtschaft in diese Richtung zu transformieren. Angesichts der kurzen Zeit die uns ökologisch gesehen bleibt und der rasanten Entwicklung künstlicher Intelligenz die unsere menschliche Arbeit ohnehin obsolet macht führt gar kein Weg an einer raschen Einführung eines BGE vorbei.

Franz Schäfer, Dezember 2018.


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