Wenn die Wahlerfolge bei Kleinparteien nicht dem entsprechen was man sich erwartet hat dann gibt es zwei Schuldige: Einerseits: Die Medien die uns totgeschwiegen hätten und andererseits sind die WählerInnen schuld die taktisch gewählt haben und eine Stimme für eine Partei mit geringen Chancen auf einen Einzug ins Parlament als "verlorene Stimme" sehen.
Beide Erzählungen haben wohl einen wahren Kern aber zu einem großen Teil sind die Kleinparteien auch selbst Schuld wenn sie nicht entsprechend mit dieser Situation umgehen können. Es wäre relativ einfach. Hier am Beispiel der KPÖ:
Neben einer sehr hohen Zahl von StammwählerInnen (die immer die selbe Partei wählen, egal was) gibt es tatsächlich wählen manche Mensch taktisch aber ich denke die meisten wählen um "ein Zeichen zu setzen". Um ihren Unmut über irgend etwas Kund zu tun und zu protestieren.
Immer mehr Menschen erkennen heute, dass es "so nicht weiter gehen kann". Die würden gerne ein Zeichen des Protests setzen um den etablierten Parteien zu zeigen, dass sie mit dieser Politik nicht einverstanden sind. Dass sie sich mehr, radikalere und grundlegendere Veränderungen wünschen.
Damit so ein Protest aber gelingen kann, muss es auch entsprechende Inhalte und Botschaften geben. Die Partei muss in ihrem Auftreten und ihren Botschaften diesen Protest vermitteln. Was die KPÖ leider seit Jahrzehnten falsch mach: Sie versucht einen braven, biederen Wahlkampf. Sie versucht so zu sein wie alle anderen auch. (In der irrigen Meinung, damit auch so viele Stimmen wie die anderen auch zu bekommen). Die Solgans unterscheiden sich kaum von denen der anderen Parteien. ("100% Sozial")
Noch problematischer wird es wenn, anstatt als "Fähnchen für Protest" die Positionierung auch noch konservativ ist: Es soll bitte nicht schlimmer werden - womit implizit der Status-Quo hervor gehoben wird. Genau das macht die KPÖ im aktuellen Wahlkampf.
Zentrales Thema ist bei allen Parteien inzwischen das Klima. Da wäre es sehr leicht und einfach darauf hinzuweisen, dass diese Probleme vom Kapitalismus und seiner inhärenten Wachstumslogik verursacht wurden und nur ein grundlegender Systemwechsel die Lösung sein kann. Das Thema wäre ein aufgelegter 11-Meter für alle kapitalismuskritischen Parteien.
Was macht die KPÖ: sie zieht sich auf die selbe Position zurück die auch die Sozialdemokratie seit jeher Pflegt: Kapitalismus wird nur unter der Lupe der "Verteilungsgerechtigkeit" betrachtet und man/frau fordert, dass die Maßnahmen gegen den Klimawandel entsprechend "sozial ausgewogen" sein sollten.
Was dabei vergessen wird: Die Folgen des Klimawandels werden garantiert nicht sozial ausgewogen sein. Und die Folgen des Klimawandels werden um ein vielfaches teurer werden als alle Maßnahmen die wir heute dagegen setzen. Insofern wären selbst sozial unausgewogene Maßnahmen deutlich "sozial ausgewogener" als gar keine Maßnahmen zu setzen. Und es kann nicht die Frage sein ob wir lieber das eine oder das andere tun sondern wir müssen ALLES tun was möglich ist.
Vernünftiger wäre jedenfalls die Gelegenheit zu nutzen um Systemkritik in den Vordergrund zu stellen: Grundeinkommen und Anti-Kapitalismus. Nicht mal zum Grundeinkommen (das ja in weiten Teilen der KPÖ befürwortet wird) konnte man sich klar positionieren. Das liegt wohl vorwiegend daran, dass hier Rücksicht auf die "Steirische-KP" genommen wurde. Leider hat die KPÖ es verabsäumt sich von dieser Landesgruppe zu trennten. Die machen seit Jahrzehnten keine Systemverändernde Politik und rutschen immer weiter nach rechts.
Auf Dauer werden diese Positionen nicht nebeneinander bestehen können. Zumindest nicht wenn die Partei für irgend etwas stehen will. Man kann nicht gleichzeitig links sein aber mit Nationalismus kokettieren. Man kann nicht gleichzeitig Anti-Rassistisch sein aber sich dann für Grenzzäune aussprechen. Man kann nicht das System in Frage stellen wollen und gleichzeitig auf faserschmeichelweiche "es soll bitte nicht viel schlimmer werden als es schon ist" Slogans setzen.
Liebe GenossInnen: Wenn ihr also den Kampf gegen die "Verlorene Stimme" gewinnen wollt: Versucht einfach mal ein wenig radikaler zu sein. Und zwar "radikal" im positiven Sinne: Die Probleme an der Wurzel anpacken.
Das würde im Übrigen auch gegen den "Medienboykott" helfen. Sicher wird man da und dort aus parteipolitischen Gründen nicht ein geladen. Aber meist suchen die Medien durchaus nach "Exponenten" bestimmter Positionen. Weil es, z.B. spannender eine ist in einer Diskussion eine/n prononcierte/n BefürworterIn und eine GegnerIn von X einzuladen als Leute die nur herumlavieren. Meine Hypothese: Mit kantigeren Positionen wäre es deutlich Leichter in die Medien zu kommen.
Ach ja: Hilfreich ist es natürlich auch nicht wenn mehrere Kleinparteien mit ähnlichem Programm gegeneinander antreten. In konkreten Falle hat wohl der Wandel genau so viel Schuld an diesem Skandal wie die KPÖ: Beide Seiten haben sich nicht um ein Wahlbündnis bemüht. Und auch der Wandel ist in dern Forderungen eher oberflächlich, wenn gleich auch da und dort um "Verbalradikalität" bemüht. Wo es in der KP zumindest genügend Leute gibt die die Probleme des Kapitalismus verstehen ist das beim Wandel eher weniger der Fall. So z.B. die absurde Aussage von Fayad, dass für die Lösung der Klimakrise vor allem etwas Geld von den USA ausgegeben werden müsste. Noch befremdlicher ihre Zusammenarbeit mit der rechten Pilz/Jetzt-Liste (die zwar inzwischen aufgelöst wurde), die aber doch zeigt wie politisch unerfahren die Leute dort sind.
Ich hoffe dass beide Gruppen aus dem zu erwartenden Misserfolg entsprechend lernen und wir zumindest für 2020 eine breite Linke Kandidatur für die Gemeinderatswahlen in Wien schaffen. Und das auch mit entsprechend Systemkritischen, frechen, witzigen und radikalen Forderungen.
Und natürlich: Das bedeutet nicht dass alle Forderungen die nicht Systemverändernd sind fallen gelassen werden soll. Im Gegenteil. Natürlich brauchen wir konkrete Verbesserungen im hier und jetzt (z.b. Natürlich brauchen wir CO2 Steuern ), aber auf den wenigen Plakaten muss die Fundamentalopposition gegen das kapitalistische System entsprechend klar hervorgestrichen werden.
Als Wähler hätte ich jedenfalls sehr gerne eine Option mit der ich meine Kritik am System auch am Wahlzettel manifestieren könnte.
Franz Schäfer (Mond), September 2019