Hier eine kurze Einschätzung des Wahlergebnisses. Mit Fokus auf das Potential für eine neue Linke Kraft.
FPÖ, ÖVP
Die Partei der Nazi-“Einzelfälle” hat sehr deutlich verloren. Etwa -10% Punkte. 5% Punkte blieben zuhausem 5 gingen zur ÖVP. Das rechtsextreme, rassistische Potential ist also nicht kleiner geworden. Erstaunlich ist, dass die ÖVP trotz der vielen Pannen nichts verloren hat und mit den 5% Leihstimmen von der FP damit deutlich stärker wurde.
SPÖ
Die SP stürzte um 5% ab. Vor allem die Stimmen die sie 2017 von den Grünen geborgt hatte wanderten zurück an die Grünen. Insofern wurde nur offensichtlich was schon vorher passiert ist. Die SP steht für nichts mehr. Der Wahlkampf war im Prinzip gut: "Menschlichkeit" ist ein gutes Ziel. Aber das wird halt konterkariert von der SP-FP Koalition und den ständigen Umfallern wenn es darum geht wirklich dafür einzustehen. Auch in Klimafragen das selbe Bild: ja eigentlich schon aber dann lieber doch nicht zuviel.
Jetzt/Pilz
Dass die nationalistischen, sexsitischen Zaunbauer mit ihren 2% nun aus dem Parlament geflogen sind ist eine sehr erfreuliche Entwicklung. Ein Teil der Pilz WählerInnen ist zurück zu den Grünen gewechselt.
Die Grünen
Haben zwar mit 14% ein Rekordergebnis eingefahren sie wissen aber dass da sehr viele potentielle SP stimmen und auch viele eher rassistisch orientierte Pilz Stimmen dabei sind. Und um diese zu halten werden sie wohl ein vielen Fragen eher eine sehr vorsichtige, konservative Richtung wählen um nicht als "extremistisch" zu gelten.
Platz für eine neue Linke
Damit bleibt doch Links ein sehr weites Feld. Das könnte von einer neuen Linken Kraft besetzt werden. Voraussetzung dafür ist dass sie tatsächlich deutlich Links ist und nicht versucht so brav und bieder zu sein wie SP oder Grüne. Noch wichtiger als nicht zu bieder zu sein ist es sich von allen rechten Tendenzen abzugrenzen. D.h auf keinen Fall eine Zusammenarbeit mit den Resten der Pilzliste und eine Abgrenzung zur Steirischen KP.
KPÖ, Wandel, Optionen für eine Neue Linke
0.7% für die KPÖ, 0.4% für den Wandel. Da ist ein sehr schlechtes, aber angesichts der Fehler die passiert sind, daher durchaus verdientes Ergebnis. Hier eine Auflistung der Fehler. Damit wir auch daraus lernen können:
1.) Zentraler Fehler war es wohl gegeneinander anzutreten, obwohl die inhaltlichen Positionierungen sich relativ wenig unterschieden. Schuld daran muss man sowohl dem Wandel als auch der KPÖ geben. Keine der beiden Gruppen hatte sich um eine Zusammenarbeit bemüht. Dass die Wahlen recht kurzfristig einberufen wurden kann hier nur sehr bedingt als Entschuldigung durchgehen. Wenn ein Wille da gewesen wäre hätte sich auch ein Weg finden lassen.
2.) KPÖ Koalition mit der Steirischen-KP. Auch wenn beide das K im Namen haben und die beiden Parteien einen gemeinsamen Ursprung hatten, so handelt es sich doch inzwischen um 2 sehr getrennte Parteien. Wo die Steirische-KP einen populistischen Kurs fahren will der deutlich rechts von den Grünen und oft rechts der SP ist, weil man sich dort erhoft aus dem Potential der RechtswählerInnen Stimmen zu bekommen, so fährt die Bundes-KP und die meisten anderen Bundesländer doch einen deutlich linkeren Kurs. Auf Dauer kann das nicht gut gehen und schadet beiden Parteien. Die Forderungen die auf der einen Seite gut ankommen würden will die andere Seite nicht und umgekehrt.
3.) mangelnde Sachkenntnis und mangelndes politisches Verständnis der handelnden Personen. In der KPÖ gibt es viele intelligente Leute die sich zu vielen Themen Gedanken machen. Leider wird bei Wahlen darauf verzichtet diese einzubinden. Im Nationalraswahlkampf 2017 hat die KPÖ den Jungen-Linken den Wahlkampf machen lasen. Jetzt waren es die ALI aus Innsbruck (gemeinsam mit den Steireren, wie es scheint). Zu aktuellen Fragen hatte man keine Konzepte und generell fehlte oft das marxistische Grundverständnis. Besonders erschreckend war dieses Versagen bei der Klimafrage.
4.) Totalversagen in der Klimafrage:
von Fayad gab es die Aussage (schriftlich): "Wie wir die Klimakrise lösen können? So wie damals die Nazis besiegt wurden. Die Regierungen der Alliierten haben die Führung übernommen, das Geld bereitgestellt und die gesamte Gesellschaft hat mit aller Kraft gemeinsam an der Erreichung ihres Zieles gearbeitet. So meistert man globale Krisen".
Ivo hat sich zuerst gegen eine CO2 Steuer gestellt und später einen sehr oberflächlichen undurchdachten 4 Punkte Plan hervor gezaubert. Was da alles falsch ist darüber hab ich in meinen Postings zum Klima Thema schon einiges geschrieben.
Für die Wahl ist hier wichtig: Es nützt nichts wenn es gescheite Leute in der Partei gibt, wenn deren Know-How nicht auch im Wahlkampf genutzt wird. Niemand wird eine Partei wählen die es offensichtlich nicht schafft, dass sie Antworten zu konkreten Problemstellungen geben kann. Insofern ist es auch müßig sich darüber zu beklagen, dass man von den Medien
schlecht behandelt wurde: Hätte man mehr Medienaufmerksamkeit gehabt wären die undurchdachten Positionen nur noch offensichtlicher geworden.
Was ist zu tun?
Die nächsten planmäßigen Wahlen sind die Wien-Wahlen im Herbst 2020. Bis dahin sollte es ein entsprechend breites linkes Wahlbündnis geben. Idealerweise ausgehend vom der relativ gut funktionierenden Wien-Andas Wahlbündnis. Idealerweise mit Wandel, Jungen-Linken und anderen Gruppierungen, z.B.: vom ehemaligen Aufbruch und aus dem Umfeld der Donnerstagsdemos.
Die Frage des Namens:
Für die Wien-Wahl ist wohl Wien-Anders ein bereits gut etabliertes Label. KPÖ alleine wird sicher niemanden begeistern. Viele meinen das K sei das Problem. Nur bedingt: Wer auch immer ein gutes Linkes Programm macht wird in die Kommunismus Schublade geschoben. Das K ist daher nicht das Problem. Aber es gibt zwei andere Gründe auf das K zu verzichten: Der KPÖ wird ohnehin immer vorgeworfen sie sie im Bündnis zu dominant - weil halt doch relativ groß und organisiert. Aber diese Dominanz ist leider nicht attraktiv für kleinere Gruppierungen die mitmachen wollen. Der zweit Grund: Die Verwechslungsgefahr mit der Steirischen-KP. Im Zeitalter von Social-Media ist die Distanz zwischen Wien und Graz nur ein einziges geshartes Posting.
Die Frage der Inhalte:
Wer trotz der Gefahr der "Verlorenen Stimme" gewählt werden will, muss sich schon ein wenig anstrengen. WählerInnen wählen immer auch ein wenig taktisch aber im großen und ganzen wollen sie auch "ein Zeichen setzten". Damit die WählerInnen dieses "Zeichen" setzten bedarf es Parteien die als "Zeichen" fungieren wollen. Man muss für etwas stehen.
Idealerweise für etwas das nicht auch schon von den anderen besetzt wird und man muss in diesen Bereichen die radikalsten Forderungen haben: Radikal NICHT im Sinne von Rabaukentum ("Wandel oder es kracht"). Sondern radikal im Sinne von: An die Wurzel des Problems gehen.
- Radikale Klimapolitik: Systemwechsel ist notwendig. (Und alle anderen Maßnahmen auch!)
- Radikale Migrationspolitik: Offene Grenzen. Globale Bewegungsfreiheit für alle Menschen auf diesem Planeten.
- Radikale Sozialpolitik: Bedingungsloses Grundeinkommen
(und nein: das ist jetzt kein vollständiges Programm. Es bedarf noch vieler andere radikaler Kritik an der gesellschaft. radikaler Feminismus, radikale Demokratiesierung, radikale Änderung der Eigentumsverhältnisse, ... wichtig ist dass die Forderungen nicht nur radikal sind sondern dennoch jeweils gut und sinnvoll begründet. Die Forderungen als aufmacher für unsere Gesellschaftskritik. Und natürlich müssen auch weniger radikale Forderungen Platz haben: siehe: Anforderungen an ein linkes Wahlprojekt)
So beginnt das Manifest:
“Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Kommunismus. Alle Mächte des alten Europa haben sich zu einer heiligen Hetzjagd gegen dies Gespenst verbündet, der Papst und der Czar, Metternich und Guizot, französische Radikale und deutsche Polizisten”.
Und so müssen wir auch wahrgenommen werden. Die rechten, bürgerlichen Medien müssen uns als diejenigen wahrnehmen die die obigen Ideen am radikalsten Vertreten. Wir brauchen Schlagzeilen in denen die Medien Fragen: "Sind die völlig übergeschnappt"?
Um die entsprechend notwendige Radikalität zu vermitteln wäre das K im Namen natürlich durchaus hilfreich. Aber wichtiger sind die Inhalte! (Siehe auch: Über "Taktisches Wählen" und die "Verlorene Stimme")
Es bleibt zu Hoffen dass das schlechte Ergebnis jetzt bei Wandel und KPÖ einen entsprechenden Nachdenkprozess in Gang setzt.