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LINKS ohne K - Zur Programmdiskussion bei LIN<S

Sonntag 7. Juni 2020, von mond

Fast ein halbes Jahr ist seit der Gründungskonferenz von LIN<S vergangen und es gibt jetzt erste Entwürfe für einige Kapitel des Programmes. Trotz der hochkarätigen Besetzung der Programmkommission sind die Vorschläge mehr als dürftig.

Zuvor aber einige Gedanken zum Programm-Prozess selbst:

Im Jänner hatte LINKS die Gründungskonferenz. Was es dort nicht gab: Programm oder Inhalte. Inhalte gab es in Form von Referaten aber was davon jetzt Teil von Links werden soll oder nicht ist nach wie vor nicht klar. Abgestimmt oder auch nur diskutiert wurde dort nichts inhaltliches. Das ist ein Problem, denn damit ist LINKS vor allem für drei Gruppen attraktiv: Diejenigen die sich nicht wirklich für politische Inhalte interessieren, jene die neu sind und die Unterschiede in den Ausrichtungen der verschiedenen linken Strömungen nicht kennen und meinen "ist eh alles eins" und dann noch Menschen die hoffen, dass das was sie unter LINKS verstehen eh dann ins Programm kommt. Und bei letzterer Gruppe wird es wohl jetzt, wo das Programm konkret wird, viele geben die enttäuscht sind.

Richtig wäre es gewesen schon bei der Gründung das Projekt zu skizzieren: Seht her das ist in etwa was wir uns vorgestellt haben, wer will dabei mitmachen. Dafür hätte es keins detailliert ausgearbeiten Programmes bedürft - Eine grober Umriss hätte gereicht.

Nicht nur haben die ProtagonistInnen sich entschieden das nicht zu tun, sie haben es auch sehr Bewusst gemacht denn ein entsprechender Antrag zur Gründungskonferenz wurde nicht mal ignoriert.

Aber gut, das ist vergossene Milch. Was ist nach der Gründungskonferenz passiert und was wäre im optimalen Falle passiert?

Bis Mitte Mai gab es die Programmdiskussion vor allem hinter verschlossenen Türen und einen "Briefkasten" in den Anregungen eingebracht werden konnten. Jetzt gibt es zum einigen Kapiteln Entwürfe. Diese sind zwar mehr als mangelhaft aber bereits in "In-Design" (ein extrem teures und kommerzielles closed-source Layout-Tool) gelayoutet. Soviel zur Prioritätensetzung.

Wie sollte ein Programmprozess ablaufen?

Bevor angefangen wird ein Programm zu schreiben sollte es wohl eine Diskussion darüber geben:

  • Wozu das ganze? Was ist die Motivation für das Programm?
  • Was soll heraus kommen? Ein Wahlprogramm? Ein Rahmen abstecken für die AktivistInnen? Welterklärung? Ein Forderungskatalog?
  • Ganz grob: Welche politische Richtung soll es bekommen. Bzw was soll Platz haben und was nicht.

Wenn ich ein Haus haben will werde ich auch nicht de* Architekt*n sagen: Mach mal. Und nacher in der Diskussion um Einzelheiten kommt heraus, dass ich etwas ganz anderes wollte. Im Falle des Hauses macht es den Prozess nur unnötig kompliziert und lang. Im Falle eines Programmprozesses wäre es aber wichtig weil nur durch eine Strukturierte vorgehensweise gewährleistet ist dass der Prozess auch entsprechend partizipativ sein kann. Wenn ein mehr oder weniger fertig ausformulierter Text vorliegt können die AktivstInnen nur noch kleine Korrekturen Anbringen und nicht mehr die generelle Ausrichtung und Zielsetzung des Textes in Frage stellen. Wie dieser Prozess aussieht ist hier also neben den Effizienzaspekten vor allem eine Frage der partizipativen Demokratie.

Dafür scheinen sich die ProtagonistInnen von LINKS aber nicht zu interessieren. Auch im Programmprozess setzt man/frau vor allem auf pseudodemokartische Elemente.

Was aus meiner Sicht eine gute Zielsetzung fürs Programm gewesen wäre findet sich in Antrag Mond1 und Antrag Mond2: Siehe: Eindrücke von der LINKS Gründungsversammlung

Ziele des Wahlkampfes (und damit indirekt auch des Programmes) wäre es die Erringung von Mandaten und die Kommunikation Linker Inhalte entsprechend auszubalanzieren. Wichtigster Zweck des Programmes wäre es den Inhaltlichen Rahmen abzustecken in dem sich dann Bezirksgruppen und AktivistInnen frei und autonom bewegen können.

Klar ist dass dieser Rahmen vor allem links von dem sein muss was SP und Grüne bieten (Weil alle die mit dem was die bieten ohnehin zufrieden sind ohnehin nicht nach einer neuen linken Kraft suchen werden).

Inhaltliche Kritik

Ich nehme hier Beispielhaft das Kapitel: Umwelt, Klima, Verkehr.

Das Papier diskutiert verschiedene technische Maßnahmen. Was fehlt ist eine Kritik am kapitalistischen System, dass für die Klimakatastrophe verwantwortlich ist. Das Wort "Kapitalismus" kommt im vorhandenen Entwurf gar nicht vor. Jetzt verstehe ich warum LINKS ohne K geschrieben wird. Dafür wird oft von "Gerechtigkeit" gesprochen. Es ist noch Diskussionsgegenstand ob Nulltarif auf den Öffis gefordert werden soll oder ob das "zuviel Kostet"!

Ich bin der Letzte der Fordern würde dass in allen Dokumenten immer Klassenkampf vorkommen muss, aber eine zumindest eine Kritik am kapitalistischen System ist doch mehr als Notwendig. Ansonsten könnte das Programm genau so von den Grünen oder der SP stammen. Auch die SP würde mit dem "Arbeitsplätze schaffen" Argument kommen, das sich auch im LINKS Papier findet. Dabei ist der Arbeitsfetischismus genau eines der Probleme die wir haben. Siehe: Die 4 Säulen linker Klimapolitik.

Eine linke Organisation sollte meines Erachtens die verschiedensten Kämpfe die es um soziale und ökologische und andere Fragen gibt miteinander in Beziehung setzen. Dazu gehört dass wir die Probleme nicht als isolierte Fehlleistungen eines sonst funktionierenden Systems betrachten sondern eben eine grundlegende Kritik an den Strukturen liefern.

Genau das geschieht aber auch in den Kapiteln zu "Bildung" oder zu "Wohnen" und auch zum "Wahlrecht" nicht. Die Aufgezählten Forderungen sind dort alle nicht falsch. Aber meist recht bieder und brav und eben ohne grundlegende Systemkritik.

Zu befürchten ist, dass das faserschmeichelweiche Programm dann auch den Wahlkampf bestimmt, d.h.: Dass der Wahlkampf nicht genutzt wird um kritische Inhalte zu Transportieren sondern sich dem orientiert was nicht zu sehr "aneckt". Es wird als ein erhoffter Wahlerfolg über Inhalte gestellt. Aber genau das wird eher nicht zum Erfolg führen: Wer mit den braven und biederen Forderungen einverstanden ist wird ohnehin Grün oder SP wählen.

Fazit

Neben den Inhaltlichen Schwächen des Programmentwurfes finde ich vor allem die organisatorischen Fehler die beim Programmprozess selbst gemacht wurden problematisch. Die Anfangsfehler die bei der Gründung gemacht wurden scheinen sich zu verfestigen.

Franz Schäfer (Mond), 7. Juni 2020,


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