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Ministerrat abschaffen - Europaparlament aufwerten

Januar 2006, von mond

Aus demokratiepolitischer Sicht liegt in der jetzigen EU ziemlich viel im argen. „Wenn die EU in der EU um Mitgliedschaft ansuchen würde, so müsste sie aus demokratiepolitischen Gründen abgelehnt werden“ scherzte einmal ein EU Politiker. Als KommunistInnen sind wir vor allem auch InternationalistInnen und begrüßen alles was hilft die engen nationalstaatlichen Grenzen zu überwinden. Gerade um im Kampf gegen die immer mächtiger werdenden transnationalen Konzerne, die versuchen mittels Standortwettbewerb die Nationalstaaten gegeneinander auszuspielen, erfolgreich zu sein brauchen wir auch transnationale politische Kräfte.

Dort wo sich der Widerstand gegen den neoliberalen Kapitalismus noch nicht internationalisiert hat so wird er durch die Existenz der EU dazu getrieben. Gewerkschaften, Parteien, NGOs alle werden durch die EU dazu gebracht sich europaweit und international zu vernetzen. Schade dass die ArbeiterInnenbewegung die seit mehr als 160 Jahren den Internationalismus auf ihre Fahnen geschrieben hat dabei dem Kapitalismus noch immer ein Stück hinterher ist.

„Schon die Bourgeoisie zentralisiert bedeutend. Das Proletariat, weit entfernt davon, hierdurch benachteiligt zu sein, wird vielmehr erst durch diese Zentralisation in den Stand gesetzt, sich zu vereinigen, sich als Klasse zu fühlen, sich in der Demokratie eine angemessene politische Anschauungsweise anzueignen und endlich die Bourgeoisie zu besiegen. Das demokratische Proletariat hat nicht nur die Zentralisation, wie sie durch die Bourgeoisie begonnen ist, nötig, sondern es wird sie sogar noch viel weiter durchführen müssen.“ —Friedrich Engels, Der Schweizer Bürgerkrieg. Aus: MEW4:397

Siehe auch: Internationalismus bei Marx - aktueller denn je

Noch trauriger dass in linken Kreisen der Internationalismus heute oft vergessen wird. Dass die SP mit populistischen anti-EU Ressentiments punkten will verwundert nicht, hat sie doch die Parteilinie der Blattlinie kleinformatiger Boulvardblätter angepasst, dass auch manche KommunistInnen bei dieser Art von Populismus mitmachen ist aber doch eher befremdlich.

Was bräuchte diese EU also wirklich an Veränderungen?

Neben dem was im Bereich Militarisierung, neoliberaler Wirtschafspolitik schiefläuft wäre es vorallem eine enorme Demokratisierung. Problematisch ist vorallem die Intransparenz der Entscheidungen wie sie jetzt in der EU gefällt werden. Kommission (von der kaum jemand wirklich weiss wie sie zustande kommt) Ministerrat und Parlament wirken bei der Gesetzgebung mit. (Das Parlament ist aber in vielen Bereichen oft ausgeschlossen!!). Dass hier 3 Institutionen beteiliegt sind macht das Ganze schon extrem unübersichtlich.

Die Kommission ist dabei einerseits die, die am wenigsten demokratische legitimiert ist und andererseits am meisten Macht hat. Nur sie kann Vorlagen für Direktiven einbringen. Da kaum jemandem klar ist wie die Kommission zustande kommt kann sie auch getrost die Drecksarbeit übernehmen. Egal wie unbeliebt sie sich mit ihrer Politik auch mach - da niemand weiss wer jetzt wirklich verantwortlich ist dass diese Gesichter dort aufgetaucht sind kann die WählerIn auch niemanden dafür bestrafen. Sind die Kommisare unbeliebt genug dann können sie leicht gegen andere Gesichter ausgetauscht werden.

Wichtig für eine Demokratisierung wäre es daher die Kommission direkt und transparent vom Parlament bestimmen zu lassen und am besten von diesem auch wieder abwählbar. Solange die neoliberalen Parteien im Parlament die Mehrheit haben würde das natürlich an der Politik nicht unmittelbar viel ändern, die WählerInnen hätten dann aber zumindest eine Chance zu entscheiden ob sie diese Politik wirklich wollen oder nicht.....

Ähnlich wie mit der Kommission verhält es sich mit dem Ministerrat. Auch hier sind die Mitglieder nur sehr indirekt demokratisch legitimiert (Über Rregierungen in Mitgliedsländern die die Minister entsenden). Auch hier ist meist nicht klar wer wirklich für die Schweinerein verantwortlich ist die uns vom Ministerrat aufgetischt werden sollen. So sind Ministerrat und Kommission bequeme Institutionen um unpopuläre Massnahmen durchzudrücken. Gerade die nationalistische EU-Kritik wie sie von rechts (und auch in linker Verkleidung) oft vorgebracht wird stärkt hier das undemokratische Instrument noch. So wetterten etwa die selbst ernannten "Ottakringer Kommnuisten" (eine Gruppe die nichts mit der mit LOGO zu tun hat) gegen die "Entmündigung der europäischen Nationen" und finden sich mit solchen Forderung in einem Boot mit FPÖ die z.B. Fordert "Jetzt Rückkehr zum Modell eines Europas der Nationen." Auch Schüssel hat da nichts dagegen und will "Kompetenzen zurückgeben an die Nationen". Kein Wunder denn mit einer Stärkung der Nationen wird auch der Ministerrat gestärkt und Fortbestand dieses relativ undemkratischen Gremiums weiter gesichert. So spielen die populistischen EU-KritikerInnen und diejenigen die möglichst intransparente, undemokratische Strukturen brauchen um ihre marktradikale Zerschlagung jeglicher Sozialsysteme durchziehen wollen gegenseitig in die Hände.

Wichtig, aus linker Sicht, wäre es den Einfluss des intransparenten Ministerrates zugunsten des Parlaments zu verringern. Am besten als rein beratendes Gremium ohne Kompetenzen.

All dies würde aus der EU zumindest auf das, ohnehin schon extrem niedrige, Niveau der bürgelichen Demokratie bringen. Von dort Ausgehend wäre eine vielzahl von Massnahmen notwendig, die allerdings ebenfalls oft einem kleinformatigen Populismus zuwider laufen würde. (Schliesslich wäre die Zerschlagung von Medienkonzerne wie z.B. dem Krone/Mediamil Komplex eine der wichtigsten Schritte dabei. Echte Demkratie würde unabhängige Medien voraussetzen. Momentan sind die Medien aber finanziell von Werbeeinschaltung grosser Geldgeber abhängig).

Die Linken müssen sich also entscheiden. Wollen wir mit populistischer Kritik auf dem Niveau der Boulvardmedien das System stabilisieren oder wollen wir genaure Analysen und oft auch anfangs unpopuläre Forderungen?

Franz Schaefer - Jänner 2006


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