Vor einem Jahr hat Putin einen brutalen, völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine vom Zaun gebrochen der bereits hunderttausende Opfer gefordert hat und weite Teile der Ukraine verwüstest hat. Dieser ist Angriff ist aufs schärfste zu verurteilen. Ich würde mir, so wie viele andere auch, wünschen dass Putin und seine Schergen sich dafür auf einer Anklagebank in Den Haag rechtfertigen muss.
Wir wünschen uns alle das "Putin nicht gewinnt". Aber: Je länger dieser Krieg dauert desto mehr Opfer wird er fordern. Insofern sind alle Initiativen zu begrüssen, die sich für ein Ende dieses barbarischen Krieges einsetzen. Die Initiative von Wagenkencht und Schwarzer ist aber in vielerlei Hinsicht problematisch:
1.) Der Aufruf von Wagenkencht und Schwarzer verurteilt diesen Angriff nicht klar und fordert auch keinen Rückzug der Russischen Truppen. Putin hat in den letzten Jahrzehnten Nazis und Rechtsextreme in ganz Europa finanziert. Insbesondere auch AfD und FPÖ. Insofern sollte es nicht verwundern dass diese Kreise jetzt auch den "Pazifismus" für sich entdeckt haben. Klar ist dass es dort aber nicht um Frieden geht sondern um Unterstützung für Putin. Nicht nur dass Putin diese Parteien finanziert hat, auch ideologisch ist die Nähe groß: Homophobie, Nationalismus und Demokratiefeindlichkeit. Wagenknecht und Schwarzer muss wohl auch vor der Formulierung ihres Aufrufes klar gewesen sein dass sie damit auch den Zuspruch von Rechts bekommen würden. Die Querfront war ganz klar einkalkuliert. Und das ist ein schwerer Fehler: denn damit wird die Friedensbewegung leicht angreifbar und verliert an Glaubwürdigkeit: Alle sagen jetzt: "Seht ihr, auch die Nazis marschieren bei euren Demos mit"
2.) Schwarzer und Wagenknecht selbst sind ja auch kein unbeschriebenes Blatt. Wagenknecht ist u.a. für ihre "Wir können ja nicht alle aufnehmen" Position bekannt mit der sich rechtsgerichtete Wähler:innen ködern wollte. Mit Schwarzer verbinden wir den Anti-Muslimischen Rassismus und ihre ausgesprochene Transfeindlichkeit. Warum ist diese in Zusammenhang mit dem Aufruf wichtig? Warum haben Menschen den Eindruck sie müssten für "ihr Land" kämpfen? Ganz offensichtlich weil wir in einer Welt leben in dem ihre Rechte davon abhängen wo sie geboren wurden. Die westlichen Länder weigern sich geflüchtete Menschen aufzunehmen. Selbst Kinder lässt man im Schlamm von Moria sterben und tausende sind bereits im Mittelmeer ertrunken. Selbst die Menschen die hier aufgenommen werden, werden als Menschen zweiter Klasse behandelt: 30% der Wiener:innen wird das Wahlrecht verweigert. Wer also nicht ganz klar gegen Nationalismus und Rassismus und für globale Bewegungsfreiheit kämpft trägt dazu bei dass die "Nation" weiterhin ein wichtiger Bezugspunkt für die Menschen ist und damit lassen sich auch weiterhin Menschen in die Logik des Krieges hineinziehen. Schwarzer und Wagenknecht haben mit ihrer rassistischen und nationalistischen Ausrichtung dazu beigetragen. Wer sagt "wir können nicht alle aufnehemen" darf sich nicht wundern wenn die Menschen in dem Land kämpfen in dem sie geboren wurden. Es wird jedenfalls Zeit dass wir die Logik von Nationen überwinden und universale Menschenrechte etablieren: Unabhängig davon in welche Region oder Religion jemand zufälligerweise hineingeboren wurde und auch unabhängig davon welche sexuelle Orientierung Mensch hat! Platz (Land) gibt es genug auf diesem Planeten. Was wir brauchen sind Rechte für Alle!
3.) Sehen wir uns umgekehrt an wie die Kriegspropaganda hier funktioniert. Klar ist der Krieg ist ein gutes Geschäft. Die Aktienkurse der Rüstungs- und Energiekonzerne steigen. Seit dem Ende des kalten Krieges ist der Militärisch-Industrielle Komplex auf der Suche nach neuen Feinden. Eine Zeit lang konnte man sich mit "Krieg gegen den Terror" über die runden Retten aber Putins Krieg sicher jetzt auf Jahre die Profite. Wir sollten uns daher nicht wundern dass überall für den Krieg getrommelt wird. Selbst in liberalen Medien finden wird kräftig die Kriegstrommel gerührt. Die Logik die bei linksliberal eingestellten Menschen dabei am besten ankommt: Putin darf nicht gewinnen. Putin muss gestoppt werden. Und wie schon Eingangs erwähnt: das ist richtig. Putin darf nicht gewinnen und er muss gestoppt werden. Was in der Propaganda aber übersehen wird ist, dass dieser Krieg das eben nicht leisten wird: Putin und die rechten Nationalisten um ihn herum werden durch den Krieg wohl eher gestärkt. Im schlechtesten Falle wird Putin durch einen noch radikaleren Mörder ersetzt. Es ist hier eine Art "moralischer Stellvertreterkrieg" - wir wünschen uns (zu recht) dass Putin "nicht gewinnt" aber kämpfen und sterben lassen wir dafür die Menschen in der Ukraine. Am Ende des Tages sind es die Ukrainischen und Russischen Mütter die ihre Söhne verlieren aber Putin und die Rüstungskonzerne und Nationalist:innen werden gestärkt. Die Kritik am Krieg wird aber bei vielen Menschen nicht ernst genommen werden wenn wir den Putins Angriff nicht aufs schärfste verurteilen. Wenn manche Linke diesen Krieg daher relativieren wird das als: "wir finden es nicht so schlimm" verstanden. Die Verurteilung dieses Verbrechens muss am Anfang und am Ende jedes Friedensappells stehen. Das ist bei Wagenknecht und Schwarzer nicht der Fall und damit verliert auch die Friedensbewegung an Stärke.
Ich werde jedenfalls den Aufruf der Beiden sicher nicht unterstützen. Ich habe aber den Friedensbrief von Marlene Streeruwitz unterschrieben. Aber ich denke wir brauchen deutlich mehr Friedensinitiativen.
Franz Schäfer (Mond), Februar 2023