qummunismus / kommunismus reloaded
Startseite > Aktuell > Der Platz Links der Mitte - Die Linke ordnet sich neu

Der Platz Links der Mitte - Die Linke ordnet sich neu

SPÖ Vorsitzendenwahl und Wahlerfolge der KPÖ

Freitag 28. April 2023, von mond

Die Linke in Österreich ordnet sich gerade neu. Einerseits haben wir da die Wahlerfolge der KPÖ in Graz und Salzburg und dann die Mitglieder Befragung zum Parteivorsitz in der SP die eine Neuorientierung der Sozialdemokrat:innen bringen könnte. Hier einige Überlegungen dazu die in der Medienberichterstattung dabei zu kurz kommen.

Wo stehen die Parteien den eigentlich wirklich und in welche Richtung wollen sie sich verändern. In welche Richtung sollten sie sich verändern? In welche Richtung können sie sich verändern? Und vor allem auch wozu?

Wie viel Platz ist Links der Mitte

Unabhängig davon wie sich die Parteien im linken Spektrum positionieren ist wohl eine der wichtigsten Fragen: Wie viel Platz ist denn überhaupt Links der Mitte? Das ist keine Naturkonstante sondern das ist eine Variable die durch den politischen Diskurs in unserer Gesellschaft geprägt wird. Das beinhaltet die Medien, die sozialen Medien aber sehr stark wird das natürlich auch von den Parteien selbst gestaltet. Aber zurst: Wie messen wir diesen Platz?

  1. Die Zahl der Stimmen für linke Parteien.
  2. Die inhaltliche Positionierung der Wähler:innen.

Genau an dieser Stelle unterscheiden sich die politischen Strategien: Die einen wollen ihre Stimmen für ihre Partei maximieren die anderen wollen tatsächlich etwas Bewegen und starten Kampagnen die die Gesellschaft weiter bringen und Bewusstsein für bestimmte Probleme schaffen, etc..

Natürlich sind diese beiden Strategien nicht immer direkt diametral entgegen gesetzt aber an manchen Stellen eben schon. In der Frage der Migration setzt Doskozil auf den selben rechten Populismus wie FP und VP. Das mag kurzfristig helfen Stimmen zu gewinnen aber verschiebt letztendlich den politischen Diskurs insgesamt nach rechts: Die Hetzte der Rechten wird damit legitimiert.

ÖVP und FPÖ hatten bei den letzten Wahlen immer rund um die 55% an Stimmen. Gemeinsam mit der NEOS (die zwar gesellschaftspolitisch oft da und dort progressive Positionen haben aber wirtschaftspolitisch klar auf neoliberaler Linie sind) haben wir in etwa 60% an rechten Wähler:innen. Und wie aus der Positionierung von Doskozil zu sehen ist: Auch in den vermeintlich linken Parteien gibt es Rechte. (Das gilt auch für die KP - insbesondere für die KP-Steiermark/Graz. Siehe z.B. den rechtsaussen rechtsaussen Landesrat der KP-Steiermark, Werner Murgg).

Insgesamt ist die KP in der Steiermark deutlich rechts der Grünen positioniert. Man könnte sogar argumentieren oft rechts der SP. Zumindest rechts einer möglichen Babler-SP.

Das ist in Salzburg zum Glück anders: Dankl hat zwar manche Themen im Wahlkampf eher vermieden aber zumindest war er nicht auf der falschen Seite. Unter anderen konnte man das auch gut aus der SORA Wahltagsbefragung ablesen. Das Thema "Zuwanderung und Integration" war für KP Wähler:innen dort deutlich weniger bedeutsam als für SP, VP und FP. Besonders erfreulich: Die KP-Wähler:innen sind durchaus solidarisch: Der Anteil der dunkelroten Stimmen bei denen die gut mit ihrem Einkommen auskommen ist mit 12% sogar höher als bei jenen die nicht gut auskommen.

Umgekehrt sehen aber 13% der Wähler:innen dass es viele Menschen gibt die nicht mit ihrem Einkommen auskommen. So geht Solidarität!

Am Ende des Tages ist es wohl immer ein Kompromiss: Stimmen maximieren auf der einen Seite und den gesellschaftlichen Diskurs nach Links verschieben auf der anderen Seite. Den Diskurs zu verschieben geht letztlich auch nur wenn wir von den Menschen und damit auch von den Medien wahrgenommen werden. Das Argument ist grundsätzlich richtig aber all zu oft wird es eben dazu missbraucht den Populismus zu rechtfertigen. Wo auch immer das Optimum hier liegen mag - es gibt eine ganz klare rote Linie: Es ist OK den Schwerpunkt auf das eine oder andere Thema zu setzen - es geht aber keines Falls eine diametral falsche Positionierung zu wählen nur um Stimmen zu maximieren. Doskozil und Murgg sind ein klares No-go.

Objektive vs. Subjektive Interessen

Wie oben erwähnt wir haben hier etwa 55% in der extremen Rechten und 5% die eine neoliberale Partei wählen und damit haben wir auch rechte und neoliberale Politik. Alle die tatsächlich ein Interesse daran haben dass wir eine andere Politik bekommen müssen daran etwas ändern wollen. Nicht hilfreich ist es, wie oben erklärt die rechten Wähler:innen anzusprechen in dem wir ihnen rechte Politik bieten - das löst nicht nur keine Probleme sondern verschlimmert sie nur.

Aber das Gute ist: Wir müssen und ständig vergegenwärtigen dass 98% dieser Wähler:innen ganz klar gegen ihre eigenen objektiven Interessen wählen: Die neoliberale Politik von FPÖVP und NEOS nützt im besten Falle einem kleinen Prozentsatz von Reichen und Superreichen. Der allergrößte Teil der Menschen wird davon, ohne es zu verstehen, benachteiligt. Diese Parteien werden aus subjektiven Interessen gewählt: Dinge die ihnen eingeredet wurden. Ein Gebäude aus Hass und Lügen. Diese Gebäude zum Einsturz zu bringen muss zentrales Ziel jeglicher Linker Politik sein. Das soll doch möglich sein in dem wir die zahlreichen Widersprüche des Kapitalismus aufzeigen. Von der ungleichen Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums angefangen über die Zerstörung der Natur und des Klimas bis hin zur Aushöhlung der Demokratie durch die Tech- und Medienkonzerne, etc.

Linke Arbeitsteilung

Es kann jedenfalls nicht so sein, dass sich die Linken um die verbleibenden 40% der Stimmen kämpfen oder dass linke Positionen aufgegeben werden. Linke "Arbeitsteilung" könnte dann so aussehen , dass verschiedene Linke Parteien sich verschiedenen Schwerpunkte suchen. Wobei aber das wichtigste dabei ist diese Ganzen Widersprüche in Beziehung zueinander zu setzen. Aufzuzeigen dass all diese Probleme gemeinsame Ursachen haben und mit einander zu tun haben. Dass die Korrupte Politik der rechten die Bedingungen schafft die es den Konzernen ermöglicht unseren Planeten zu zerstören, unsere Demokratie auszuhöhlen und die Reichen immer reicher zu machen, etc..

Nur in dem diese Probleme in Beziehung zueinander gesetzt werden lässt sich das wichtigste Konzept vermitteln: Dass Solidarität kein Altruismus ist - dass jeder Kampf den wir an einer Stelle mit und für direkt Betroffene führen auch ein Kampf ist der das Ganze betrifft und damit immer auch uns selbst nützt.

Umgekehrt müssen wir den Menschen auch klar machen dass es kein Zufall ist dass uns die rechten Hezter:innen auseinanderdividieren wollen: Mit Nationalismus, Rassismus oder anhand unserer sexuellen Orientierung. Das sind nicht nur Themen die sich die Rechte gesucht hat weil die zufällig populär waren. Die Rechte hat diese Themen populär gemacht und genau zu dem Zweck: Um Solidarität zu untergraben.

Die Aufgabe ist nicht leicht. Gegen die Indoktrination von Jahrzehnten an "Leserbriefen" in kleinfomatigen Heztblättern und Stammtischbinsen"weisheiten". Wer es wagt die heißten Themen anzugehen und die rechte Hetzte zu hinterfragen wird sicher nicht vom Boulvard in den Himmel gelobt werden. Aber wer nicht kämpft der hat schon verloren.

Babler, Rendi-Wagner oder Doskozil - macht es einen Unterschied?

Wie oben ausgeführt würde es natürlich einerseits einen sehr großen Unterschied machen. Mit Doskozil wäre die SP ganz klar keine linke Partei mehr. Nach der Selbstaufgabe der Grünen wäre die KPÖ plötzlich die einzige verbleibende linke Kraft. Auch wenn das für die KP vielleicht kurzfristig einen Zustrom enttäuschter SP Mitglieder bedeuten könnte wäre es doch eine Katastrophe.

Rend-Wagner wird in dieser polarisierten Debatte wohl schlechte Karten haben. Sollte sie dennoch gewinnen wären wohl viele in der Partei dennoch unzufrieden, aber zumindest wäre der rechts-Ruck abgewährt.

Idealerweise würde Babler das Rennen machen. Seine pointieren gesellschaftspolitisch linken Positionen wären jedenfalls ein guter Start im Kampf zur Demontage der rechten Hetze.

Mache:r wird sich jetzt fragen: Braucht es dann eigentlich noch eine KPÖ?

Wenn Babler gewinnt: Braucht es dann überhaupt noch eine KPÖ?

Wer all zu viele Hoffnungen in Babler setzt sollte sich diesen Artikel im Standard genau durchlesen. Eine Art sozialdemokratischer Offenbarungseid: Kern (aus dem Team Doskozil) und Kowall (Sektion 8, Team Babler) legen hier sehr klar und unmissverständlich klar dass beide Teams kein Interesse haben am System etwas grundlegendes zu ändern: "soziale marktwirtschaft, blah blah". Die Vormachstellung der Konzerne soll nicht in angetastet werden. Es besteht nicht die "Gefahr" dass hier der "Sozialismus" ausbrechen könnte. No one will rock the boat. Ein sehr skurriler Artikel. Es ist ja nicht so dass jetzt viele die Hoffnung gehabt hätten dass sich da sehr viel in diese Richtung bewegen wird. Das ganze liest sich eher wie ein offener Brief an die Industriellenvereinigung.

Zizek hat hier jedenfalls recht: Die Sozialdemokratie ist zu einer sehr konservativen Kraft geworden. Ja: Wir alle hoffen dass Babler gewinnt und das ist letztlich extrem wichtig. Aber die Hoffnung dass sich an der Politik etwas substantiell ändert sollte sich niemand machen. Der Kuschelkurs mit den Konzernen den die Sozialdemokratie in den lezten 50 Jahren gefahren hat soll bleiben. Und wenn es den Konzernen gut geht will man da und dort ein paar Brotkrumen für uns rausboxen. Selbst wenn Babler wollen würde: Dieser Kurs ist das viele in der SP genau so wollen. Von den Slimfit Träger:innen bis hin zu vielen Gewerkschafter:innen.

Und ohne am Status-Quo rütteln zu wollen wird es auch keine Antworten auf die drängenden Probleme der Zeit geben. Ja: Es braucht in jedem Falle eine starke, kämpferische und vor allem linke KPÖ.

Das wirft dann natürlich die Frage auf: Wird die KPÖ dieser Aufgabe gewachsen sein. Das wird wohl ein eigener Artikel. Aber um es mit Brecht zu sagen. Sie muß, muß, muß!

Franz Schäfer (Mond), April 2023


| Newsletter | About | Impressum / Kontakt | RSS Feed | SPIP | Copyleft: Alle Artikel und Fotos unter GFDL falls nicht anders angegeben