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Die sieben Probleme mit dem Kapitalismus

Montag 14. Januar 2008, von mond

Ausbeutung, Krieg, Klimakatastrophe und Börsencrashs. Der Kapitalismus ist voll von Fehlern und Widersprüchen. Im folgenden will ich die wichtigsten sieben davon kurz Zusammenfassen.

1. Ausbeutung

Das ist das klassische Argument aller
KommunistInnen. Einige leben (oft in enormen Luxus) ohne zu Arbeiten
während andere schuften müssen und dabei oft nicht genug zum überleben
haben.

Die einfache, und schon von Marx als zu kurz greifend eingestufte Antwort [1] hier ist: Umverteilung. Durch steuerliche Maßnahmen den Reichen zu
nehmen und den Armen zu geben. Damit ließe sich diese Problem graduell
reduzieren bis die Armen so viel haben, dass sie ein halbwegs
erträgliches auskommen finden. Wer, so wie es z.B. die KPÖ tut, den Kapitalismus vor allem auf dieses Verteilungsproblem reduziert, ignoriert nicht nur Marx, sondern vor allem alle anderen mit dem Kapitalismus verbundenen Porbleme.

2. Wachstum

Wer aus 100 Euro 110 machen will und daraus wieder 121 der/die
muss ständiges Wachstum im Auge haben. Das Wachstums stößt aber an die ökologischen Grenzen unseres Planeten und führt somit zu gewaltigen Problemen [2]. Dass dabei unser alller Lebensgrundlagen zerstört werden ist für den Kapitalismus allerdings kein Problem sondern geradezu notwendig:

3. Zerstörung um wieder Aufbauen zu können und die Schaffung von Knappheit

Herr Biedermann, der Eigentümer eines Ladens ärgert sich über seinen Sohn, der ihm beim Spielen eine Glasscheibe zerschlagen hat. Doch die Passanten sind der Meinung, dass sei nicht so schlimm, denn wie könnten sonst die Glaser überleben, wenn nie eine Scheibe kaputt gehen würde. Man müsse dem Jungen dankbar sein, denn er habe dadurch die Wirtschaft belebt.

Bastiat bemüht sich in seinem Buch „Was man sieht und was man nicht sieht“ dieses Rätsel aufzuklären. Er argumentiert, dass hier übersehen wird, dass
ja derjenige der die zerbrochen Scheibe bezahlen muss dieses Geld nicht mehr für andere Dinge (z.B. einen neuen Anzug) ausgeben könne. Damit meint Basitat das Rätsel gelöst zu haben. Glasscheiben zerschlagen ist als keine wirtschaftlich sinnvolle Tätigkeit.

Was uns Bastiat aber verschweigt und was auch heute noch von den
Wirtschaftsliberalen nicht unbedingt an die große Glocke gehängt wird: Wenn die zerbrochenen Fensterscheiben auch nicht unbedingt gut für die Wirtschaft sind so sind sie auch nicht schlecht. Im einen Fall macht der Glaser ein Geschäft und im anderen Fall eben der Schneider und wenn der Glaser und der
Schneider beide ihre Angestellten ausbeuten dann machen sie auch Profit mit der Sache. In den wirtschaftlichen Kenndaten (Bruttosozialprodukt) ist ebenfalls kein Unterschied zu merken. Ob sich die Wirtschaft eines Landes damit beschäftigt viele zerschlagene Scheiben zu reparieren oder ob die Menschen bessere Kleider tragen, bessere Schulen und Krankenhäuser haben macht aus Sicht dieser Zahlen keinen Unterschied. Profit lässt sich mit beiden Dingen machen. Im einen Falle haben die Menschen wenigstens etwas davon, im anderen Falle nicht.

Aus Sicht der Unternehmer haben natürlich die zerbrochenen Scheiben einen Vorteil: während der Bedarf an neuen Anzügen natürlich beschränkt ist, kann der Bedarf an neuen Fenstern, sofern die alten nur rasch genug kaputt geschlagen werden, praktisch beliebig gesteigert werden. Krieg und Zerstörung, so steht es schon im Manifest, sind für den Kapitalismus ein probates Mittel um trotz Überproduktion das System weiter am laufen zu halten.

Dass der Irak-Krieg nicht unbedingt besonders viel zum Frieden beitragen würde war allen klar. Aber am Frieden kann die Waffenindustrie kein Geld verdienen. Die Umweltzerstörung ist zwar für viele Menschen existenzbedrohend aber gerade auch dadurch wiederum ein massives Potential für neue Profite. Für die Umweltzerstörung gilt das Selbe: Die einen Verdienen an der Zerstörung der Umwelt die anderen verdienen an dessen Folgen [3].

Auch die Werbung fällt in diese Kategorie. Wenn Güter in ausreichendem Masse vorhanden sind, dann lassen sich diese nicht verkaufen. Also muss neuer Bedarf geschaffen werden. Künstliche Unzufriedenheit muss in Form neuer Bedürfnisse geschaffen werden.

Auch mit so genannten „geistigen Eigentumsrechten“ wird künstliche (über Gesetze und technische Maßnahmen - „Kopierschutz“) Knappheit geschaffen.

Generell lässt sich sagen: Dass der Kapitalismus, dem von seinen BefürworterInnen nachgesagt wird er wäre so „vernünftig“ im Umgang mit knappen Ressourcen, eben nur mit knappen Ressourcen Geld verdienen kann und dieser daher die Verknappung dieser Ressourcen in den meisten Fällen gerade erst verursacht! Kapitalismus verspricht also Probleme zu lösen die wir ohne ihn gar nicht erst hätten.

4. Ineffizienz oder Monopoldiktatur

In der kapitalistischen Marktwirtschaft kämpft jede/r gegen jede/n. Das bringt neben dem Zwang zur Effizienzsteigerung (um besser zu sein als die Konkurrenz) auch jede Menge Ineffizienz. An vielen Stellen wird an den selben Produkten geforscht und die Informationen werden möglichst geheim gehalten. Vieles was durch Kooperation effizienter geregelt werden könnte, kann nicht genutzt werden. Auch die Kapitalisten wissen das: So kauft der eine den anderen auf um immer größere Firmen aufzubauen (und damit die „Effizienz“ steigern zu können). Nach kurzer Zeit entstehen aus diesem Konzentrationsprozess Monopolkonzerne. Dort gibt es zwar weniger Konkurrenz
dafür aber alle noch viel größeren Nachteile einer Monopoldiktatur.

Es stehen hier also nur zwei unattraktive Gegensätze zur Auswahl: Ineffizienz durch Konkurrenz oder Monopoldiktatur. Zur Aufhebung dieser Gegensätze in der „freien Kooperation freier Individuen“ ist die Überwindung des Systems notwendig.

Selbst neoliberale Chefideologien fordern vom Staat ein Eingreifen bei Monopolbildung: Hier müsse der Staat mit Antitrust-Regulierungen eingreifen um die „freie und faire“ Marktwirtschaft zu garantieren. Hier wäre der sonst so verteufelte Staat plötzlich wieder gefordert. Was die Chefideologen dabei übersehen ist, dass der Markt nicht nur in diesen großen Dingen sondern praktisch überall versagt vernünftig zu agieren. Eine demokratische (und nicht eine staatliche) Instanz wäre auch an tausend anderen Stellen notwendig.

5. Gegensatz zur Demokratie

Eine Aktie = eine Stimme. Mehr Aktien = mehr
Stimmen. Wer reich ist hat im Kapitalismus mehr Rechte als wer arm ist. Selbst bei den bürgerlichen Wahlen wo ein Kopf gleiche einer Stimme ist, sind die Chancen stark von finanziellen Möglichkeiten abhängig. Wahlwerbung, Manipulation der öffentlichen Meinung durch kommerzielle Medienkonzerne,
gekaufte „wissenschaftliche“ Meinungen die gewisse Standpunkte belegen sollen, etc. Dazu kommt eine immer stärker privatisierte und den kapitalistischen Interessen ausgelieferte Bildung.

Kapitalismus und Demokratie sind fundamentale Gegensätze.

Der Kapitalismus baut dabei auf die gegebenen gesellschaftlichen Ungleichheiten, verstärkt diese und entwickelt neue, patriarchale „Herr“schafts- und Unterdrückungsformen. Insofern ist besonders die Kritik von FeministInnen und AnarchistInnen am Kapitalismus besonders wichtig. Siehe auch: Radikale Demokratie.

6. Irrationalität

Das Idealbild der neoliberalen Wirtschaftstheoretiker ist der „Homo oeconomicus“ der kühl rechnend seinen Nutzen maximiert. Damit wird die vermeintliche "Rationalität" des Kapitalismus begründet. Abgesehen, dass der Ausdruck „Rationalität“ alleine angesichts all des, durch den Kapitalismus
verursachten Wahnsinns wohl nicht angebracht ist, so ist das mit der angeblichen „Rationalität“ von Grund auf falsch:

Die Realität sieht aber anders aus. Wer kühl rechnet muss in seine Rechnungen auch irrationale Stimmungsschwankungen miteinbeziehen. Das eigene "rationale" Handeln wird somit irrational und das Handeln der anderen
ebenso. Bestes Beispiel dafür sind die Blasen an den Aktienmärkten. Alle vertrauen auf die kollektive Irrationalität und investieren in überbewertete Aktien in der Hoffnung, dass diese damit noch weiter steigen werden.

Alle Finanzinstrumente die geschaffen wurden um sich gegen nicht kalkulierbare Risiken abzusichern werden sofort wieder dazu gebraucht um Spekulationen mit noch größerem Hebel durchzuführen.

Die Unwägbarkeiten die der Hightech-Kapitalismus mit sich bringt, heizen diese Irrationalität noch weiter an: 5 Firmen entwickeln ein neues Produkt, wobei sich nur eines davon am Markt durchsetzen können wird, das dann aber mit
exorbitanten Monopolgewinnen lockt. So investieren die Firmen dennoch in die riskante Entwicklung des Produktes. Die Chancen auf Gewinne sind zwar nur 20% aber ihre möglichen Monopolrenten wiegen das Risiko wieder auf [4]. Der
Hightech-Kapitalismus ist wie ein Casino.

Zuverlässig profitieren kann hier nur wer genügend Kapital mitbringt um breit gestreut investieren zu können.

7. Die blinden Flecken der Marktlogik

Die Voraussetzung, dass der Kapitalismus überhaupt Produkte erzeugt und Verkauft ist das Vorhanden seines Marktes. Wo keine KäuferInnen sind dort auch kein Markt. Die 10 Millionen Menschen die an den Folgen von Unterernährung und Hunger jedes Jahr sterben hätten durchaus ein Bedürfnis nach Nahrung. Sie haben halt kein Geld und fallen daher als KonsumentInnen für den Kapitalismus gleich gänzlich aus. Der Markt befriedigt also einerseits viele Bedürfnisse die er erst selbst geschaffen hat andererseits auch sehr viele wieder gar nicht.

Fazit und Ausblick

Kapitalismus bringt Krieg, Umweltzerstörung, Hunger, Diktatur und Tod und sorgt gleichzeitig dafür uns zu Motivieren an diesen „Zielen“ mitzuarbeiten. Wer den Kapitalismus nicht überwinden will hat ihn nicht verstanden. 10 Millionen, die pro Jahr an Hunger und Unterernährung sterben klagen das System an.

Damit zeigen sich auch die geringe Sinnhaftigkeit jeglicher reformistischer Positionierung.

Interessant für einen weiteren Artikel ist es sicherlich sich einmal genauer anzusehen welche dieser Nachteile schon in der Marktwirtschaft ihre Wurzeln haben und wo „erst“ der Kapitalismus die Probleme bringt.

Franz Schäfer (Jänner 2008).

Links, Anmerkungen und Diskussionen zu diesem Artikel:

Anmerkungen

[1Karl Marx, Kritik des Gothaer Programms, Mai 1875, Zitat:

Abgesehn von dem bisher Entwickelten war es überhaupt fehlerhaft, von der sog. Verteilung Wesens zu machen und den Hauptakzent auf sie zu legen.

Die jedesmalige Verteilung der Konsumtionsmittel ist nur Folge der Verteilung der Produktionsbedingungen selbst. Die kapitalistische Produktionsweise z.B. beruht darauf, daß die sachlichen Produktionsbedingungen Nichtarbeitern zugeteilt sind unter der Form von Kapitaleigentum und Grundeigentum, während die Masse nur Eigentümer der persönlichen Produktionsbedingung, der Arbeitskraft, ist. Sind die Elemente der Produktion derart verteilt, so ergibt sich von selbst die heutige Verteilung der Konsumtionsmittel. Sind die sachlichen Produktionsbedingungen genossenschaftliches Eigentum der Arbeiter selbst, so ergibt sich ebenso eine von der heutigen verschiedne Verteilung der Konsumtionsmittel. Der Vulgärsozialismus (und von ihm wieder ein Teil der Demokratie) hat es von den bürgerlichen Ökonomen übernommen, die Distribution als von der Produktionsweise unabhängig zu betrachten und zu behandeln, daher den Sozialismus hauptsächlich als um die Distribution sich drehend darzustellen. Nachdem das wirkliche Verhältnis längst klargelegt, warum wieder rückwärtsgehn?

[2Siehe auch: Der grüne Marx

[4vgl. W.F.Haug: High-Tech Kapitalismus


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