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Kommunismus leicht verständlich erklärt

Mittwoch 2. April 2008, von mond

Die Google Suchanfragen auf diese Website deuten darf hin, dass ein Bedarf nach einfachen Erklärungen des Begriffs Kommunismus besteht. Dieser Artikel versucht in einfachen Worten das wesentliche zu erklären, ohne dabei dem Wikipedia Artikel zum Thema Konkurrenz machen zu wollen. Links zu jeweiligen Vertiefungen sollen den Artikel abrunden.

Der Begriff „Kommunismus“ ist nicht geschützt. Jede/r kann sich KommunistIn nennen. Jede/r kann eine Partei, einen Verein oder Initiative gründen die diese Label im Namen trägt. Vieles davon hatte und hat nichts mit Kommunismus zu tun. Vieles war und ist gerade das Gegenteil von dem was es eigntlich sein sollte. Aber wer bestimmt das? Im nachfolgenden, aufbauend auf Marx, das was unter progressiven KommunistInnen heute darunter verstanden wird:

KommunistInnen wollen den Kapitalismus überwinden. Kommunismus bezeichnet den Zustand der nach der Überwindung des Kapitalismus erreicht werden soll. Wie dieser Gesellschaftszustand im Detail aussieht darüber machte Marx nur wenige angaben. Der Großteil der Schriften von Marx und Engels setzt sich mit der Analyse der bestehenden, kapitalistischen Gesellschaft und ihrer Probleme (Widersprüche) auseinander. Nur an wenigen Stellen finden sich Hinweise darauf wie sich Marx und Engels eine Kommunistische Gesellschaft vorstellten. Das auch mit gutem Grunde:

Kommunismus ist Bewegung

Man/Frau kann sich eine bessere Gesellschaft nicht einfach herbeiwünschen: Man/Frau muss sie gegen den Widerstand jener die vom Kapitalismus profitieren erkämpfen und man/frau muss sie vor allem gemeinsam aufbauen. Erst in diesem Prozess können die Details dieser Gesellschaftsordnung gefunden werden.

Dazu heißt es bei Marx: (MEW 3:35)

„Der Kommunismus ist für uns nicht ein Zustand, der hergestellt werden soll, ein Ideal, wonach die Wirklichkeit sich zu richten haben wird. Wir nennen Kommunismus die wirkliche Bewegung, welche den jetzigen Zustand aufhebt. Die Bedingungen dieser Bewegung ergeben sich aus der jetzt bestehenden Voraussetzung.“

Kommunismus das heißt also nach dieser Definition: Keine Utopie in ferner Zukunft sondern hier und heute anzufangen gegen das Elend in dieser Welt zu kämpfen.

Kommunismus ist Anti-Kapitalismus

Angesichts dieser negativen Definition („Wir sagen was wir nicht wollen“ - den Kapitalismus) müssen wir also, um verstehen zu können was Kommunismus heißt vor allem auch die Kritik am Kapitalismus kennen. Wir werden also um einen „Kapitalismus einfach erklärt“ Artikel nicht herumkommen. Wie genau die kommunistische Alternative zum Kapitalismus aussieht ist nicht definiert. Dass es eine Alternative zu 10 Millionen Hungertoten pro Jahr, zu Umweltzerstörung, Krieg und Ausbeutung finden lassen muss ist keine all zu gewagte Hypothese. Doch selbst das wird von den Demagogen des Neoliberalismus bestriten, die behaupten, dass wir in der „besten aller möglichen Welten“ leben... Zurück zum Kommunismus: Was lässt sich dennoch über den Kommunismus sagen?

Kommunismus ist radikaler Humanismus

„Radikal sein ist die Sache an der Wurzel fassen. Die Wurzel für den Menschen ist aber der Mensch selbst. [..] Die Kritik der Religion endet mit der Lehre, daß der Mensch das höchste Wesen für den Menschen sei, also mit dem kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist.“
— Karl Marx, Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung, MEW 1:380

Spätestens ab diesem Zitat sollte klar sein warum das meiste was in der Geschichte unter dem Titel „Kommunismus“ gelaufen ist oder was sich heute noch mit diesem Titel schmückt wenig damit zu tun hat. Wer die elementarsten Menschenrechte mit Füßen tritt, wer Gulags errichtet, wer Gewalt und Terror und Krieg befürwortet kann kein/e KommunistIn sein.

Alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist.“ Konsequenter weise kämpfen wir also gegen: Rassismus, Sexismus, Nationalismus und alle Formen von Ausbeutung und Unterdrückung.

Kommunismus ist Feminismus

Beispielhaft für die Unterdückung von Menschen durch Menschen ist die Unterdrückung von Frauen. Diese existiert (wie die meisten Formen der Unterdrückung) natürlich nicht erst sei dem Kapitalismus aber, wie sie wurde, wie so viele Unterdrückungsmechanismen, in das System der kapitalistischen Ausbeutung und Unterdrückung integriert. In der Analyse dieser Mechanismen haben FeministInnen wichtige Erkenntnisse über die Funktionsweise der Kapitalistischen Unterdrückung und deren Bekämpfung gewonnen. Ein für alle KommunistInnen unverzichtbares Wissen.

Kommunismus ist individuelle Freiheit

Der Kommunismus wird von seinen GegnerInnen oft als unifrome (und unifromierte) Gleischschaltung der Menschen und als Unterwerfung unter ein Kollektiv dargestellt. Dem entgegengestellt wird die (neo)liberale Ideologie als „individuelle Freiheit“ gepriesen. Dabei ist die individuelle Freiheit des Menschen eines der wichtigsten Ziele des Kommunismus:

In einer höheren Phase der kommunistischen Gesellschaft, nachdem die knechtende Unterordnung der Individuen unter die Teilung der Arbeit, damit auch der Gegensatz geistiger und körperlicher Arbeit verschwunden ist; nachdem die Arbeit nicht nur Mittel zum Leben, sondern selbst das erste Lebensbedürfnis geworden; nachdem mit der allseitigen Entwicklung der Individuen auch ihre Produktivkräfte gewachsen und alle Springquellen des genossenschaftlichen Reichtums voller fließen - erst dann kann der enge bürgerliche Rechtshorizont ganz überschritten werden und die Gesellschaft auf ihre Fahne schreiben: Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!“ — Marx, Kritik des Gothaer Programms, MEW 19:21

„Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen“ - Das Individum, seine/ihre individuellen Fähigkeiten und Bedürfnisse stehen hier also im Zentrum. Im Gegensatz dazu kümmert sich der Kapitalismus nur insoweit um Bedürfnisse als er daraus profitieren kann. Wenn jährlich etwa 10 Millionen Menschen an Hunger sterben kümmert das Bedürfniss nach Nahrung den neoliberalen Kapitalismus herzlich wenig. Kapitalistmus negiert diese Bedürfnisse und die Fähigkeiten die in diesen Menschen stecken. Neoliberaler Kapitalismus ist bestenfalls der individuelle Kampf „jede/r gegen jeden“.

Im Kommunistischen Manifest wird der Kommunismus so beschrieben:

„An die Stelle der alten bürgerlichen Gesellschaft mit ihren Klassen und
Klassengegensätzen tritt eine Assoziation, worin die freie Entwicklung eines
jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist.“

Kommunismus ist Internationalismus

Für Marx und Engels war klar: Die Überwindung des Kapitalismus ist eine globale Angelegenheit. Nur in einer gemeinsamen, weltweiten Anstrengung ist die dieser Kampf gegen den Kapitalismus mit seinem Expansionsdrang möglich. Wer also Rassismus und Nationalismus verbreitet und die Menschen gegeneinander Aufhetzt behindert diesen Kampf und unterstützt damit die Interessen des Kapitals.

Marx schreibt dazu in der „Kritik des Gothaer Programms“:

„Es versteht sich ganz von selbst, dass, um überhaupt kämpfen zu können, die Arbeiterklasse sich bei sich zu Haus organisieren muss als Klasse, und daß das Inland der unmittelbare Schauplatz ihres Kampfes ist. Insofern ist ihr Klassenkampf, nicht dem Inhalt, sondern, wie das "Kommunistische Manifest" sagt, "der Form nach" national. Aber der "Rahmen des heutigen nationalen Staats", z.B. des Deutschen Reichs, steht selbst wieder ökonomisch "im Rahmen des Weltmarkts", politisch "im Rahmen des Staatensystems". Der erste beste Kaufmann weiß, daß der deutsche Handel zugleich ausländischer Handel ist, und die Größe des Herrn Bismarck besteht ja eben in seiner Art internationaler Politik.

Und worauf reduziert die deutsche Arbeiterpartei ihren Internationalismus? Auf das Bewußtsein, daß das Ergebnis ihres Strebens "die internationale Völkerverbrüderung sein wird" - eine dem bürgerlichen Freiheits- und Friedensbund entlehnte Phrase, die als Äquivalent passieren soll für die internationale Verbrüderung der Arbeiterklassen im gemeinschaftlichen Kampf gegen die herrschenden Klassen und ihre Regierungen. Von internationalen Funktionen der deutschen Arbeiterklasse also kein Wort! Und so soll sie ihrer eignen, mit den Bourgeois aller andern Länder bereits gegen sie verbrüderten Bourgeoisie und Herrn Bismarcks internationaler Verschwörungspolitik das Paroli bieten!

In der Tat steht das internationale Bekenntnis des Programms noch unendlich tief unter dem der Freihandelspartei. Auch sie behauptet, das Ergebnis ihres Strebens sei "die internationale Völkerverbrüderung". Sie tut aber auch etwas, um den Handel international zu machen, und begnügt sich keineswegs bei dem Bewußtsein - daß alle Völker bei sich zu Haus Handel treiben.

Die internationale Tätigkeit der Arbeiterklassen hängt in keiner Art von der Existenz der "Internationalen Arbeiterassoziation" ab. Diese war nur der erste Versuch, jener Tätigkeit ein Zentralorgan zu schaffen; ein Versuch, der durch den Anstoß, welchen er gab, von bleibendem Erfolg, aber in seiner ersten historischen Form nach dem Fall der Pariser Kommune nicht länger durchführbar war.“

Mehr dazu siehe unter: Internationalismus bei Marx - aktueller denn je.

Kommunismus und Anarchismus sind keine Gegensätze mehr

KommunistInnen und AnarchistInnen wünschen sich ein Verschwinden des autoritären Staates. Der Unterschied bestand bis vor kurzem noch in der Art wie man/frau sich dessen Abschaffung vorstellte: AnarchistInnen kämpften direkt gegen Staat, Autorität und Hierarchien. KommunistInnen wollten zuerst einen „sozialistischen Staat“ der den Kapitalismus abschafft und eine „Sozialistische Wirtschaft“ etabliert. Mit dem Verschwinden der Gegensätze zwischen den Klassen würde auch die Notwendigkeit des Staates langsam verschwinden. Marx schreibt dazu:

„Sind im Laufe der Entwicklung die Klassenunterschiede verschwunden und ist alle Produktion in den Händen der assoziierten Individuen konzentriert, so verliert die öffentliche Gewalt den politischen Charakter. Die politische Gewalt im eigentlichen Sinne ist die organisierte Gewalt einer Klasse zur Unterdrückung einer andern. Wenn das Proletariat im Kampfe gegen die Bourgeoisie sich notwendig zur Klasse vereint, durch eine Revolution sich zur herrschenden Klasse macht und als herrschende Klasse gewaltsam die alten Produktionsverhältnisse aufhebt, so hebt es mit diesen Produktionsverhältnissen die Existenzbedingungen des Klassengegensatzes, die Klassen überhaupt, und damit seine eigene Herrschaft als Klasse auf.“

Spätestens mit den aus dem gescheiterten „Realsozialismus“ kann man/frau das natürlich nicht mehr so einseitig sehen. Die Überwindung des Kapitalismus muss mit der Überwindung von autoritären Herrschafts- und Unterdrückungsstrukturen Hand in Hand gehen:

Kommunismus ist radikale Demokratie

Eine radikale Demokratisierung muss die vielen Entscheidungen, die im Kapitalismus über den Markt getroffen werden, schrittweise ersetzen. Siehe eingangs: Kommunismus ist Bewegung.

Kommunismus ist radikale Kritik

Der Leitspruch von Marx war „De omnibus dubitandum [1] und radikale Kritik an den bestehenden gesellschaftlichen Verhältnissen zieht sich durch sein Gesamtes Werk.

Wer unhinterfragt und unkritisch althergebrachte Dogmen und Glaubenssätze übernimmt ist kein/e KommunistIn. Wer nicht selbstkritisch die eigenen Positionen und Erkenntnisse angesichts einer sich verändernden Welt ständig überprüft der/die läuft Gefahr einer Ideologie auf zu sitzen.

Schön, aber wo finde ich solche KommunistInnen?

Wie schon eingangs erwähnt: Es gibt heute viel was sich als kommunistisch bezeichnet. Die meisten dieser Gruppen haben allerdings andere Ansichten zu dem was sie mit dem Begriff verbinden. Sie sind meist in ihrer Entwicklung auf verschiedenen Stufen stecken geblieben. Eine Überprüfung ob es sich aber auch tatsächlich um progressive KommunistInnen handelt sollte anhand obiger Kriterien relativ leicht möglich sein. Einzig möglicher Fallstrick: Sein und Schein passen nicht ganz zusammen. Das sollte aber kein Grund sein sich entmutigen zu lassen und einen selbst einen neuen Anfang zu wagen...

Franz Schäfer, März 2008

Anmerkungen

[1An allem ist zu zweifeln.


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