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Freiheit herrscht nicht

Über die fundamentalen Widersprüche in der neoliberalen Ideologie

Mittwoch 16. April 2008, von mond

»Hier herrscht Freiheit« ist immer ein Irrtum oder auch eine Lüge, denn Freiheit herrscht nicht heißt es bei Erich Fried. Ein sehr schönes Zitat auf das sich gerne auch liberale und neoliberale IdeologInnen berufen. Die liebe zur Freiheit und die Abneigung gegen den autoritären Staat teilen Liberale mit vielen Linken. An dieser Stelle liegt allerdings auch der größte innere Widerspruch der (neo)liberalen Ideologie: Den Staat den sie auf der einen Seite so verteufeln brauchen sie auf der anderen Seite als Beschützer des bürgerlichen Eigentums.

Im Kapitalismus steht der Freiheit der einen über ihren Besitz verfügen zu können die Freiheit der anderen gegenüber die keinen nennenswerten Besitz haben und um Wohnung, Essen, Gesundheit und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben etc.. bezahlen zu können, täglich ihre Arbeitskraft verkaufen zu müssen und die„frei“ sind diese Arbeitskraft zu verkaufen. Marx spricht hier vom „doppelt freien Arbeiter

Zur Verwandlung von Geld in Kapital muß der Geldbesitzer also den freien Arbeiter auf dem Warenmarkt vorfinden, frei in dem Doppelsinn, daß er als freie Person über seine Arbeitskraft als seine Ware verfügt, daß er andrerseits andre Waren nicht zu verkaufen hat, los und ledig, frei ist von allen zur Verwirklichung seiner Arbeitskraft nötigen Sachen.“ — MEW23:183

Formell sind wir also alle „frei“ die einen sogar doppelt „frei“ und vor dem dem Gesetz sind wir auch noch „gleich“:
„Das Gesetz in seiner erhabenen Gleichheit verbietet es Reichen wie Armen, unter den Brücken zu schlafen, auf den Straßen zu betteln und Brot zu stehlen.“François Anatole Thibault.

Oder wie Margaret Atwood, richtig erkannt hat: „Es gibt mehr als eine Art der Freiheit... die Freiheit zu, und die Freiheit von.“

Was von neoliberalen Ideologen all zu gerne übersehen wir ist, dass es genau der bürgerliche Staat ist, der diese „Freiheit“ garantiert: Er schützt den Reichtum der einen und die Armut der anderen. Den einen wird die Erbschaftssteuer erlassen, die anderen müssen für die hohen Pflegekosten von Familienangehörigen aufkommen, etc..etc..

Die massive Gewalt wird dabei von vielen gar nicht mehr wahrgenommen weil sie die Regeln des bürgerlichen Staates schon verinnerlicht haben. Wer mal sehen will wie brutal die Staatsgewalt beim Schutz des Eigentums vorgeht der soll kurz mal die Kreditkarte oder das Bankkonto auf das Maximus überziehen oder blos für wenige Monate mit der Miete in Rückstand geraten. Am Ende stehen jedenfalls bewaffnete Beamte, Überwachung, Militär, Abfangjäger, so genannte „geistige Eigentumsrechte“ Vorratsdatenspeicherung & Co.

Pinochet und Thatcher
Neoliberale Pioniere

So verwundert es auch nicht, dass die neoliberalen Ideologen sich ausgerechnet eine Diktatur ausgesucht haben um ihre „neuen“ Erkenntnisse über das segensreiche Wirken der freien Marktwirtschaft in der Praxis zu erproben. Bevor diese von Thatcher und Reagan Umgesetzt wurden nutzen die Ideologen die blutige Diktatur von Augusto Pinochet in Chile für ihre neoliberalen Experimente. Wär von der neuen „Freiheit“ nicht so überzeugt wurde eben mit Folter und Mord überzeugt.

Diese Dinge werden von überzeuten Liberalen abgelehnt dabei dienen sie doch nur dem Schutze des von den selben Leuten geforderten „Recht auf Privateigentum
. Was wäre denn der Hausbesitz wert wenn darin jede/r wohnen könnte ohne Miete bezhalen zu müssen? Was wäre denn die Supermarkette wert wenn sich jede/r den Fünffinger Diskont genehmigen könnte? Was wären Software, Musik, Videos und Konstruktionspläne wert wenn sie jede/r kopieren könnte? Was wäre die Fabrik wert wenn die ArbeiterInnen nach belieben selbstverwalten könnten?

Es ist das bürgerliche Rechtsystem, dass diese „Freiheiten“ gewährt. Es ist der bürgerliche Staat der dieses System notfalls auch mit brutaler Gewalt verteidigt. Bürgerliche Freiheit ist eine Logik der Exklusion. Das (exklusive) Eigentumsrecht, dass mir erlaubt andere von der Benutzung auszuschliessen. Einen Zaun herum zu bauen und an den Toren Eintrittsgelder zu kassieren. Der junge Marx beschreibt dies mit den Worten:

Das Menschenrecht des Privateigentums ist also das Recht, willkürlich ohne Beziehung auf andre Menschen, unabhängig von der Gesellschaft, sein Vermögen zu genießen und über dasselbe zu disponieren, das Recht des Eigennutzes. Jene individuelle Freiheit, wie diese Nutzanwendung derselben, bilden die Grundlage der bürgerlichen Gesellschaft. Sie läßt jeden Menschen im andern Menschen nicht die Verwirklichung, sondern vielmehr die Schranke seiner Freiheit finden.“ — MEW1:364

Hier wird es für uns QummunistInnen interessant. Die hohlen Lügen über die neoliberlaen Freiheiten zu dekonstruieren ist eine Sache. Wie aber machen wir es besser? Wie können wir eine Freiheit verwirklichen die im anderen Menschen die Verwirklichung der Freiheit finden kann? Ein gutes Beispiel wie so etwas gehen kann ist Freie Software: Produktion von Gemeineigentum in einer Kooperation freier Individuen. (Siehe: Die Produktion Freier Software als Beispiel für Kooperation statt kapitalistischer Konkurenz).

Franz Schäfer, April 2008


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