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Standortwettbewerb

Freitag 4. Juli 2008, von mond

Verständnis für die Mechanismen des Standortwettbewerbes sind unerlässlich um zu Begreifen wie die globale Marktwirtschaft zunehmend unsere Gesellschaft formt und dabei Sozial- und Umweltstandards, u.ä zunehmend nach unten schraubt.

Der Umsatz von großen Konzernen übersteigt zum Teil das BIP kleinerer Staaten, gleichzeitig ist das Kapital heute sehr mobil: Konzernstandorte und Produktionsstätte können heute relativ leicht und schnell verlegt werden.

Damit können private Wirtschaftsunternehmen die politischen Entscheidungsträger erpressen: Entweder es werden Steuern, Sozial- und Umweltauflagen entsprechend gesenkt oder der Unternehmensstandort wird wo anders gewählt. Um Arbeitsplätze und Steuereinnahmen zu sichern sehen sich die politischen Entscheidungsträger genötigt sich auf dieses Spiel einzulassen.

Da überall so gehandelt und gedacht wird kommt es dazu, dass ein Wettbewerb einsetzt der Steuern, Sozial- und Umweltauflagen immer weiter verringert und die Profite der Unternehmen steigert.

Widerstand gegen diese für die Mehrzahl der Menschen unerfreuliche Entwicklung ist nur möglich durch politischen Zusammenschluss zwischen den, durch den Standortwettbewerb unter Druck gesetzten Regionen.

Für die neoliberalen PolitikerInnen die die Interessen des Kapitals vertreten ist der Standortwettbewerb natürlich eine sehr praktische Sache: Sie können ihre unsozialen Maßnahmen als wirtschaftliche Notwendigkeit tarnen. Sie tun alles nur um „den Wirtschaftsstandort zu sichern“. Im sehr eingeschränkten Horizont erscheint das auch noch als plausibel.

Für die Menschen erscheinen nicht mehr der Kapitalismus und die neoliberalen PolitikerInnen als Verursacher sondern die anderen Regionen die im Standortwettbewerb kämpfen. So wird Nationalismus und Rassismus geschürt: „Die nehmen uns unsere Arbeitsplätze weg“. Anstatt der notwendigen Internationalen Vernetzung der Kämpfe kommt es zum nationalen Gegeneinander. Damit werden natürlich die gerade Grundlagen des Standortwettbewerbes weiter zementiert.

Die Gretchenfrage

Der Standortwettbewerb ist eine Folge des Kapitalismus. Eine Interessante Frage dabei ist: Wird von den Herrschenden etwas dagegen Unternommen oder werden Entwicklungen die den Standortwettbewerb befördern sogar bewusst begünstigt?

Die EU wurde mit dem Versprechen gegründet den Standortwettbewerb zumindest innerhalb von Europa zu verhindern. Leider entspricht das nicht dem was die neoliberalen PolitikerInnen (also die herrschende Koalition aus Sozialdemokraten und Volksparteien) momentan betreiben. Der Standortwettbewerb innerhalb der EU wird effektiv genutzt um Sozialstandards zu unterlaufen. Siehe z.B.: Rom-I: Sozialdemokraten schaffen KonsumentInnenschutz ab, u.v.a.m.

Zudem wird uns in Europa erzählt wir befänden uns in Konkurrenz mit Asien und den Amerika, als ob eine Region mit 480 Millionen Menschen nicht groß genug wäre um sich weitgehend autark dieser Konkurrenz verweigern zu können. Die Länder Südamerikas, in denen die Linke stark ist, versuchen bereits relativ erfolgreich sich diesem Wahnsinn zu entziehen.

Die herrschenden Eliten nutzen den Standortwettbewerb gezielt um ihre Interessen durchzusetzen. In den G8 und WTO Verhandlungen werden die Spielregeln der Weltwirtschaft so gestaltet, dass via Standortwettbewerb unsere Lebensbedinungen laufend verschlechtert werden. Anstatt global gültige hohe Mindeststandards für Löhne, Arbeitsbedinungen und Umweltschutz zu verlangen drängen die VertreterInnen der reichen Nationen nur auf die Reduktion von Handelsbarrieren und den Ausbau neokolonialer Unterdrückungswerkzeuge.

Was folgt daraus?

Welche Forderungen müssen wir angesichts dieser Tatsachen stellen?

1.) Das Führen von Geheimverhandlungen (Policy Laundering) zwischen Staaten muss gesellschaftlich geächtet werden. Es muss auf dem selben Niveau stehen wie Wahlbetrug oder Korruption. Wenn ein Vertrag zwischen Staaten ausgehandelt wird so müssen wir verlangen, dass dies öffentlich passiert. Es muss einsehbar sein wer, wann, wo und warum welche Forderungen an den Vertragstext gestellt hat. Nur so ist eine demokratische Kontrolle möglich, d.h. dass die WählerInnen die für den Vertrag verantwortlichen entsprechend abstrafen können. (Siehe auch: Der ACTA-Skandal - Die EU-Kommission will über Geheimverhandlungen Europäisches Recht aushebeln)

2.) Wichtigstes Ziel zwischenstaatlicher Verträge muss die Etablierung verbindlicher Mindeststandards im Sozial- und Umweltbereich sein.

Franz Schäfer, Juli 2008

Siehe auch das Attac Buch zum Thema:

Attac, (Hg.) Zwischen Konkurrenz und Kooperation in dem auch ein kurzer Beitrag von mir zu finden ist.


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