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Wider den Umverteilungsdiskurs

Donnerstag 24. Juli 2008, von mond

Gerade in Wahlkampf ist das Thema „Umverteilung“ wieder in aller Munde. Den Reichen etwas wegnehmen um es an die Armen zu verteilen wird von angeblich Linken Parteien ebenso vertreten wie von der extremen Rechten.

Tatsächlich ist die wachsende Ungeichverteilung des gesellschaftlichen Reichtums einer der deutlichsten Indikatoren dafür, dass etwas ganz grob schief läuft in diesem System. Soweit so richtig. Die dazu vorgeschlagenen einfachen Lösungen liegen aber meist daneben oder lenken zumindest von den eigentlichen Problemen des Kapitalismus ab, denn die Forderung nach „Umverteilung“ ingoriert die gesellschaftliche Produktion dieses Reichtums uns setzt erst im nachhinein an ihn wieder weg zu nehmen. Marx sieht das folgendermaßen:

Abgesehn von dem bisher Entwickelten war es überhaupt fehlerhaft, von der sog. Verteilung Wesens zu machen und den Hauptakzent auf sie zu legen.

Die jedesmalige Verteilung der Konsumtionsmittel ist nur Folge der Verteilung der Produktionsbedingungen selbst. Die kapitalistische Produktionsweise z.B. beruht darauf, daß die sachlichen Produktionsbedingungen Nichtarbeitern zugeteilt sind unter der Form von Kapitaleigentum und Grundeigentum, während die Masse nur Eigentümer der persönlichen Produktionsbedingung, der Arbeitskraft, ist. Sind die Elemente der Produktion derart verteilt, so ergibt sich von selbst die heutige Verteilung der Konsumtionsmittel. Sind die sachlichen Produktionsbedingungen genossenschaftliches Eigentum der Arbeiter selbst, so ergibt sich ebenso eine von der heutigen verschiedne Verteilung der Konsumtionsmittel. Der Vulgärsozialismus (und von ihm wieder ein Teil der Demokratie) hat es von den bürgerlichen Ökonomen übernommen, die Distribution als von der Produktionsweise unabhängig zu betrachten und zu behandeln, daher den Sozialismus hauptsächlich als um die Distribution sich drehend darzustellen. Nachdem das wirkliche Verhältnis längst klargelegt, warum wieder rückwärtsgehn?“ — Karl Marx, Kritik des Gothaer Programms, Mai 1875

Das gilt heute noch viel mehr als vor 133 Jahren. Die Produktivität ist heute, dank des technischen Fortschritts heute so hoch, dass wir nur einen Bruchteil der Zeit arbeiten müssten um einen unverändert hohen (oder wenn wir die viele Freizeit hinzurechnen einen viel höheren) Lebensstandard aufrecht erhalten zu können. Die Produktivität ist heute etwa 4 mal so hoch wie noch vor 50 Jahren. Wo geht all die überschüssige Produktivität hin? Sie wird in der kapitalistischen Produktion vernichtet. Siehe dazu: Bastiat, Broken Windows, Klimakatastrophen und Kriege. Ich werde dafür bezahlt Spam zu filtern. Andere werden dafür bezahlt Spam zu produzieren. Die einen werden für Rüstungsproduktion und Krieg bezahlt die anderen fürs Wideraufbauen. Micrsoft und Apple produzieren Software die es ohnehin schon als Freie Software gäbe, etc..etc.. Umwerltzerstörung, etc.. Ineffizienz und Zerstörung, wohin immer man/frau auch schaut.

Der Umverteilungsdiskurs lenkt von diesem und anderen wichtigen Problemen ab. Es wird suggeriert, dass die kapitalistische Wirtschaft ein Nullsummenspiel wäre, dass nur das was den einen weggenommen wird den anderen auch gegeben werden kann. Dabei würden wir alle von der Überwindung des Kapitalismus profitieren.

Der Umverteilungsdiskurs macht den entscheidenden Fehler, dass er das System, dass den großen Reichtum der einen und die Armut der anderen erst produziert ausblendet und nur im nachhinein dann wieder etwas ausgleichend in die andere Richtung verteilen will. Der Kapitalismus an sich verschwindet dabei aus dem Blickfeld. Der Umverteilungsdiskurs ist kompatibel mit Sozialdemokratischer Logik, ja selbst mit neoliberaler Logik. Auch dort will man uns weismachen, dass eine „ökosoziale Marktwirtschaft“ möglich ist: Im letzten Wahlkampf forderte z.B.: die KPÖ ein „gerechtes Steuersystem“, die SPÖ dagegen ein „faires Steuersystem“. Oder war es umgekehrt?

Ein Diskurs der sich nur auf "die Bösen Reichen" fokusiert ist letztelich auch in strukturell antisemitischen Denkmuster gefangen. Siehe: Verkürzte Kapitalismuskritik, struktureller Antisemitismus und die "Invasion der Heuschrecken".

Franz Schäfer, Juni 2008


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