In letzter Zeit finden sich wieder vermehrt Linke die sich für das Liberale Forum (LIF) unter Heide Schmidt erwäremen können. Angesichts der Tristesse der Parteienlandschaft gar nicht so verwunderlich.
Die meisten Positionen und Grundsätze des LIF sind ja, weil gesellschaftlich liberal auch äußerst begrüßenswert. Freiheit ist ja immerhin auch ein zentrales kommunistisches Ziel:
„.. eine Assoziation, worin die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist.“ — Kommunistisches Manifest. Siehe auch: Kommunismus leicht verständlich erklärt
Was viele Linke angesichts der vielen positiven Positionen des LIF aber übersehen oder verdrängen ist die wirtschaftsliberale Ausrichtung des LIF. So befürwortet das LIF in seinem Programm (PDF) eine „leistungsorientierte Gesellschaft“ die beruft sich auf „Marktwirtschaft, freien Handel und das Leistungsprinzip“.
Dass das mit dem „Leistungsprinzip“ nicht immer so ganz gut ankommt ist auch dem LIF inzwischen bekannt. Das ist erfreulich. Aber worauf führt das LIF dies zurück: auf den Zitat zu geringen „Spielraum für leistungsgerechte Honorierung“. Aja.
Zur Ehrenrettung des LIF gibt es aber immerhin zumindest in Ansätzen Kritik an den Leistungsgesellschaft und Marktwirtschaft. Zitat:
„Eine ausschließliche Bewertung von Leistungen nach ihrem wirtschaftlichen Marktwert führt zur Abwertung kultureller und wissenschaftlicher Leistungen, aber auch von Leistungen im Rahmen privater Solidarität, Familie und Erziehung.“
Immerhin. Der Begriff Neoliberalismus wurde geschaffen nachtdem die wirtschaftsliberale Ideologie Verruf durch die Verursachung der Weltwirtschaftskrise etwas in Verruf geraten war. Die durch den Wirtschaftsliberalismus verursachten Krisensituation war damit auch der Wegbereiter für Faschismus und Krieg, auch wenn das Liberale nicht gerne höhren. Es fand sich jedenfalls ein Häufchen unerschrockener die trotz der desaströsen Folgen der Ideologie diese wieder salonfähig machen wollten. Dazu musste dem ganzen aber ein neuer Anstrich verpasst werden: „Sozial“ und später auch „ökologisch“ sollte der neue Liberalismus nun sein damit er wieder attraktiv wirkt. Von Kapitalismus wird dabei gar nicht mehr gesprochen sondern nur noch von „Marktwirtschaft“. Auch im LIF Programm wird der Kapitalismus vorsichtshalber mal ausgespart.
Heute wird der Begriff „Neoliberalismus“ oft synonym mit „Raubtierkapitalismus“ gebracht. Tatsächlich ist der Neoliberalismus aber eigentlich ein schöngefärbter Kapitalismus. Einer mit sozialem und ökologischem Anstrich. So verwundert es nicht, dass sich neoliberale heute sehr oft in sozialdemokratischem Gewande präsentiert, denn dort existieren die passenden Floskeln zur Schönfärbung des Kapitalismus und diese erschienen eine Zeitlang noch glaubhafter als die Floskeln die der Neoliberalismus im bürgerlichen-konservativen Gewand (ÖVP & Co ) prägte.
Auch heutzutage werden die katastrophalen Auswirkungen des Kapitalismus wieder sichtbarer: Ungeheurer Reichtum steht ungeheurer Armut gegenüber. Kriege. Weltweit sterben 10 Millionen Menschen an Hunger. Tendenz steigend. Klimakatastrophen als direkte Folge des, dem Kapitalismus inhärenten Wachstumszwangs und Wirtschaftskrisen auf Grund geplatzer Aktienblasen. Und wie damals steht auch heute wieder der Faschismus vor bzw in der Tür. In Rom hat er bereits einen Bürgermeisterposten.
Dass diese Katastrophen eine direkte Folge der kapitalistischen Logik sind scheinen die LIFeralen nicht zu verstehen. Ich will ihnen keinesfalls vorwerfen, dass sie diese Folgen wollen. Wohl aber die Naivität dies nicht zu Verstehen oder zu Verdrängen.
Wobei das mit dem Verdrängen eine recht plausible Variante ist. Industrielle die sehr wohl die zerstörerische Kraft ihres tuns erahnen wollen sich ein reines Gewissen erkaufen in dem sie sich für „Kapitalismus light“ engagieren. Man/Frau will ins Wasser aber nicht nass werden - man/frau Will den Kapitalismus aber nicht seine sozialen und ökologischen Folgen.
Das ist natürlich sympathischer wie das Verhalten jener denen diese Folgen egal sind oder jener die diese Folgen bewusst in Kauf nehmen (ÖVP) oder aktiv betreiben (FPBZÖ) aber es ist andererseits nicht weniger gefährlich, weil damit die Illusion aufrechterhalten wird ein sozialer oder ökologischer Kapitalismus wäre möglich.
Denn Vorwurf, dass der Kapitalismus, wenn überhaupt dann nur oberflächlich kritisiert wird muß man/frau natürlich ebenso an die Grünen, die SP und sogar die KPÖ richten und viele andere „Linke“ richten. Auch dort beschränkt sich die Kritik am Kapitalismus darauf eine nachträgliche Umverteilung zu Fordern. Siehe: Wider den Umverteilungsdiskurs. Die meisten der Probleme diese Systems geraten dabei aus dem Blickfeld.
Aja. Woher kommen den die Krieg aus LIFeraler sicht? Ursache:
„... der Kampf um wirtschaftliche und ökologische Ressourcen aufgrund nationalistischer Egoismen und ethnischer Unterdrückung.. “
andererseits heißt es aber wiederum:
„Nur die Marktwirtschaft, der freie Handel und das Leistungsprinzip bieten hiefür die notwendigen Voraussetzungen, da sie unmittelbar an das Eigeninteresse des wirtschaftlich Tätigen appellieren und dessen persönliche Verantwortlichkeit einschließen. Wettbewerb unter gleichberechtigten Partnern begünstigt flexible, bedürfnisgerechte und kostenbewußte Lösungen und sichert dadurch im Regelfall die besten Voraussetzungen für Innovation und optimale Nutzung der Ressourcen.“
Also was jetzt: Ist der Egoismus jetzt nützlich oder nicht? Die Analyse der Gesellschaft wie sie sich im LIF Papier widerspiegelt ist einfach nur höchst naiv. Sie operiert in moralischen Kategorien (wie „Egoismus“) die einmal als heilsbringender Motor der Leistungsgesellschaft dargestellt werden und auf der anderen Seite für alles Übel verantwortlich sein sollen. „Ist der Mensch zu schlecht für den Kapitallismus?“ könnte man/frau geneigt sein zu fragen. Aber im ernst: Solange der Teil des LIF Programmes zur Umsetzung ansteht der dem Kapital noch mehr Rendite sichert, also dort wo es z.B.: darum geht noch weiter zu privatisieren
„Das Liberale Forum fordert eine umfassende Deregulierung und eine weitestgehende
Privatisierung öffentlichen Wirtschaftens:“ ..
wird es keine Widerstände seitens der Herrschenden geben. Sobald es darum geht diese Profite zu verteilen wird das dann viele ach so liberale eher auf den Schutz des gute bewaffneten und autoritären Staates vertrauen:
„Das Liberale Forum sieht in der Westeuropäischen Union, dem sicherheits- und verteidigungspolitischen Instrument der Europäischen Union, die Basis für diese gemeinsame europäische Sicherheitsstruktur. Eine aktive Teilnahme daran dient der Friedenssicherung ...“
beLIF me - eine Glaubensfrage
„Wir respektieren die Entscheidung derer, die sich religiösen Normen in freier
Entscheidung unterwerfen, lehnen aber jeden Versuch, gesellschaftliche Normen an religiöse
Überzeugungen zu binden, mit Entschiedenheit ab.“
Sehr schön. Aber was anders als eine religiöse Überzeugung ist der Glaube an die allheillbringenden Segnungen der kapitalistischen Marktwirtschaft? Angesichts der 10 Millionen Hungertoten die er pro Jahr verursacht auch nicht gerade eine harmlose Religion.... Wir sollen daran glauben, dass die selbe Politik die unser Welt bereits einmal in den Abgrund gefahren hat und die uns gerade wieder in Windeseile der Katastrophe näher bringt nur noch ein klein wenig weiter und ein klein wenig konsequenter umgesetzt werden muss und dann wird alles wieder gut. Da erscheint mir der Weihnachtsmann noch plausibler...
Franz Schäfer, 9. Juli 2008